Erstes
Buch.
Die
Kunst
des
christlichen
Alterthums.
Erster
Abschnitt.
Der
spätrömische
Styl.
ä. 1. Die griechische Kunst war aus dem Boden der
religiösen Anschauung des Volkes erwachsen. Die Künstler
hatten den Göttern Gestalt, ausgeprägten Charakter, wirk-
liches Dasein gegeben. In dem Standbilde des olympischen
Zeus, Welches Phidias geschaffen, war der Vater der Götter
selbst in die Erscheinung getreten; Wer starb, ohne ihn ge-
sehen zu haben, war nicht selig zu preisen. Die Kunst der
Griechen War eine Art priesterlicher Thätigkeit. Wie sie den
Schleier des Geheimnisses lüftete, welches die Gottheit ver-
barg, so war es ihr Amt, zugleich auch den Erscheinungen
des irdischen Daseins eine höhere, religiöse Weihe zu er-
theilel-L Das Bildniss war kein gemeines, zufälliges Abbild
der Natur; es gab den1 Dargestellten das Gepräge der
Heroen, es erhob ihn in ihren Kreiß.
Die Römer hatten mit den griechischen Landen auch
die gesammte griechische Cultur, auch die griechische Kunst
erobert und Sieh dienstbar gemacht. Im Gefolg ihrer Le-
gionen breiteten sie dieselbe über die damals bekannte Welt