Franz
Theodor
Kugler.
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XVeise, die Feder im Dienste der neuzuschaffenden Wissen-
schaft geführt, manche Bausteine zusammengetragen, zum
Theil kunstgeirxäss behauen, zum Thcil aber auch für den zu
errichtenden Bau verbauen. Die Fülle des aufgehäuften Ma-
terials, die sich darin kreuzenden Richtungen, in welchen
nur Bumoluds "Italienische Forschungen" als ein vom Geiste
echter Erfahrungswissenschaft bewährtes Werk hervorragen,
hatten etwas Verwirrendes und Beängstigendes, und wir kön-
nen uns, in die vor-Kuglefsche Kunstliteratur zurückgehend,
die Sehnsucht vergegenwärtigen, Welche man nach einer zu-
sammenfassendcn Bearbeitung empfinden musste. Auch von
Seiten der historischen Wissenschaft überhaupt wurde eine
derartige Forderung geltend gemacht. Das Gebäude aber
wollte nicht blos im Gedanken construirt, es wollte wirklich
aufgebaut sein. Mit Theorien, Abstractionen, mit Betrach-
tungen, wie geistreich, ja wie philosophisch sie immer sein
mochten, war es nicht gethan, ebensowenig mit einem Bie-
nen- oder Ameisentleisse, der alles, was noch irgend etwa
fehlte, nur eben zusammentrüge. Selbst wenn dies geschehen
war, hätte das Talent allein nicht ausgereicht; der bestehen-
den Forderung zu genügen, bedurfte es des entsprechenden
Genius; die Aufgabe war gross genug geworden, um einen
ganzen Mann als ihr ausdrückliches Rüstzeug in Anspruch
zu nehmen. Schon um dies von einseitigen und besondern
Standpunkten aus Geschehene richtig zu würdigen und zu
verwerthen, mehr noch indess, um sich die Dinge selbst rasch
und sicher nahe zu bringen, mussten ihm alle künstlerischen
Talente innewolmen, und dennoch konnte ihm Nichts von der
Untersuchung des Einzelnen erspart werden, es bedurfte des
ganzen, nur dem Genie eigenthümlichen Fleisses, um die
viele sorgsame Arbeit und immer wieder Arbeit fordernde
Aufgabe zu lösen. Und der stete Begleiter dieser Arbeit
sollte und musste ein immer klarer und heiterer Blick sein,
der zugleich in die Nähe und in die Ferne sah, und der über-
all das Wesen im Sein unterschied und, das Besondere beob-
achtend, zugleich das Allgemeine umspannte.
Die menschliche Entwickelungsgeschichte gewährt uns
Kugler Malerei I. 3