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Buch II.
Mittelalter.
Italien.
Gothischer Styl.
122.
123.
mehrern andern der genannten Bilder lassen sich theilweise
2- Anläufe und Versuche dieser Art erkennen; aber erst im
letzten Bilde der Geschichte der heiligen Lucia von Syracus
drang er zu einem grössern Erfolge durch, und mit diesem
Bilde waren überhaupt die Schranken des giotteskcn Styles
Völlig durchbrochen, wenn dlAvanzo unmittelbare Nachfolger
gefunden hätte. Das Gemälde enthält, wie mehrere andere,
eine Doppelhandltmg; in der Vorhalle einer Kirche sieht man
hinten die tödtlich verwundete Heilige die Hostic empfangen,
während im Vordergrunde bereits ihr Leichnam auf feierlich
geschmücktcr Bahre ausgestellt ist, zu dessen Verehrung sich
Männer und Frauen herandrängen. Hier ist nicht nur die
Zeichnung richtiger, die lilarbe schöner und feuriger, die Aus-
führung vollendeter als in den übrigen Bildern; auch die In-
dividualisirung geht hier weiter, bis in's Portraitartige; die
architektonische Perspective, welche schon in den frühern
Bildern mit mehr Liebe behandelt war als bei irgend einem
Zeitgenossen, ist bis zu einer gewissen Vollendung durch-
geführt; die Gestalten sind je nach ihrer Entfernung richtig
verjüngt und die hinten stehenden durch einen leichten Luft-
ton von den vordern unterschieden.
3. Andere Werke des d'Avanz0, in Welchen vielleicht seine
neue Richtung noch viel reicher hervortrat, sind unterge-
gangen; so z. B. zwei symbolische Triumphzüge im Pallast
ciella Scala zu Verona, und einige „H0chzeiten" im Hause-
des Grafen Serenghi ebenda, welche voll von gleichzeitigen
Bildnissen und Trachten gewesen sein sollen.
1. ä. 123. Dass d'Avanzo irgend einen bestimmten Ein-
fluss auf seine Zeitgenossen gehabt, lässt sich bis jetzt nicht
nachweisen; Hubert van Eyck und Masaccio, von welchen
der erstere um 1377 noch ein Knabe, der letztere noch gar
nicht geboren war, haben in der Folge das, was Er schon
besass, von Neuem wieder für die Kunst erobern müssen.
2. Am Wenigsten aber eiferten ihm die Paduaner selbst
nach. Wir erwähnen hier nur noch zwei grossräulnige NVerke
vom Anfang des XV. Jahrhundert-s, welche den Styl der
Schule Giottds in ganz abgestandener Weise wiederholen