P adua.
D'Avanzo.
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Einheit und Abrundung der Composition und überragt sie
und alle seine Zeitgenossen in Allem, was zur malerischen
Durchführung gehört, so bedeutend, dass er für das XIV.
Jahrhundert immer eine ganz ausserordentliehe Erscheinung
bleibt und einen frühzeitigen Üebergang zu der Stylweise
des XV. Jahrhunderts bildet. Er zuerst hat den Ausdruck
bis in seine Tiefen hinein specialisirt, ohne doch von der
idealen, allgemeinem Bildung der Gestalt weit abzugeben und
in das Porträtartige zu verfallen. Andacht, Ergebung, Ver-
wunderung, Schmerz, Entsetzen weiss er mit gleicher Voll-
kommenheit auszudrücken, und zwar nicht bloss durch das
Mienenspiel, sondern durch die ganze Haltung, durch die
Hände und die Stellung der Kniee. Nur der Ausdruck der
Bosheit ist ihm, wie z. B. die Kreuzigung in der Kapelle
San Felice lehrt, nicht gelungen; aber wenn andere Maler
jener Zeit dabei in die Caricatur verfielen, so geht er viel-
mehr in das Gleiehgültige und Bedeutungslose über. Die
Köpfe heiliger Personen sind insgemein von einer grossartigen
Schönheit. Wenn auch in der Kenntniss des körperlichen
Organismus als eines Ganzen, und in der Gewandung noch
kein sonderlicher Fortschritt zu bemerken ist, so erscheint
dafür die Modellirung und die Abstufung- der Töne als eine
zweite wichtige Errungenschaft, welche d'Avanzo in dieser
Zeit allein bis zu solcher Ausbildung besass. Mag auch erst
Masaccio mehrere J ahrzehnde später die Gesetze derselben
aufgefunden haben, so ist schon hier durch eine glückliche
Empirie die Sache selbst zur Erscheinung gebracht, während
sich die übrigen Giottesken fortwährend mit einer allgemeinen
Andeutung begnügten.
Mit jener hlaeht des Individualisirens und mit diesen ge-
steigerten Kunstmittcln ausgerüstet, ging nun d'Avanz0 noch
einen Schritt Weiter über seine Vorgänger hinaus; es zeigen
sich die ersten Anfänge des Strebens nach optischer Illusio n,
und dieses ist zugleich der wichtige Punkt, wo sich die
Spätere paduanische Schule des Squarcione und Mantegna an
seine XVerke anschliesst. Offenbar hat er lange gesucht und
gesonnen; in der Kreuzigung der Capella S. Feliee und in