Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

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Buch II. 
Mittelalter. 
Italien. 
Gothischer Styl. 
vollen Zügen. Die Taufe des Heidenkönigs und seines 
Volkes durch S. Georg verbindet wiederum die grösste Fülle 
mit der klarsten Einheit; erwartungsvoll kniet die Familie 
des Königs neben dem Heiligen, während dieser den König 
tauft; neue Ankömmlinge eilen heran, selbst ein paar Kinder 
suchen sich hinter einer Säule Platz, um zusehen zu können. 
In den spätem Scenen bildet S. Georg einen tretflichen Gegen- 
satz zu seinem Verfolger, dem Magier, welcher z. B.. lauemd 
neben ihm steht, wo er den Giftbecher mit heiterm Antlitz 
leert. Sehr vorzüglich ist besonders die „Marter mit dem 
Rad"; im Hofraum eines Pallastes liegt der Heilige betend 
auf dem Rade mit den Eisenhaken, welches eben durch zwei 
Engel zertrümmert Werden ist, zum Schrecken aller Anwesen- 
den, in welchen die verschiedene Art der Gemüthsbeivegung 
meisterhaft ausgedrückt ist. Die vier Gemälde zur Legende 
der h. Catharina sind schlecht erhalten und wahrscheinlich 
nur von einem Gehülfen ausgeführt, wenn auch die Erfindung 
dem diAvnnzo angehört. Das Schönste ist die Abschieds- 
scene zweier bekehrten und zum Tode bestimmten Philosophen. 
Dagegen sind die Bilder, Welche die Geschichte der h. Lucia 
von Syracus darstellen, gut erhalten und von höchstem W erthe. 
In dem zweiten derselben ist das Wunder dargestellt, wie 
mehrere Kriegsknechte und sechs vorgespannte Ochsen sich 
vergebens mühen, die Heilige von der Stelle zu bewegen. 
Hier Vergisst man die Sonderbarkeit des Gegenstandes über 
den hohen Vorzügen der Darstellung; in grossartiger Ruhe, 
gen Himmel blickend, steht die Heilige in der Mitte zwischen 
den aufgeregten Zuschauern, Wovon ein Theil sich an den 
Prätor wendet, indess Andere die tiefste Betroffenheit und 
Sinnesänderung verrathen. 
 ä. 122. In diesen beiden erhaltenen Bildercyclen ge- 
stattete schon der Gegenstand dem Maler nicht jene gross- 
artige Entfaltung allegorisch durchgeführter Gedanken, welche 
Giotto und Orcagna zu ihren höchsten Leistungen bßgeistgy- 
ten; auch ist d'Avanz0 diesen beiden an höherer poetischer 
Auffassung, an Kraft, Hoheit und Fülle der Gedanken über- 
haupt nicht gleichzustellen. Dagegen erreicht er sie in der
	        
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