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Buch II,
Mittelalter.
Italien.
Gothischer Styl.
115.
alles diess ist höchst schön und ergreifend dargestellt. Lei-
der ist die Kapelle ungemein dunkel, so dass man sehr gün-
stiger Tage bedarf, um die Malereien nur einigermaassen ge-
"7- nügend sehen zu können. Später, um das Jahr 1414,
malte Taddeo den vor der Kapelle befindlichen Vorsaal, in
welchem er vornehmlich eine Galerie von den Bildnissen be-
rühmter Redner, Staatsmänner und Kriegshelden des classi-
sehen Alterthums, deren Tugenden die Gegenwart zur Nach-
folge anreizen sollten, darstellte. Diese Arbeiten sind jedoch
von geringerem Werthe; der Gegenstand derselben, der seiner
inneren Bedeutung nach zu jener didaktischen Richtung ge-
hört, stimmte nicht zu der schwärmerischen Individualität des
Künstlers
8. Minder bedeutend als Taddeo War ein Neffe oder Bru-
der Domenico di Bartolo. Seine Fresken im Ospedale
della Scala zu Siena (1444), welche die Werke der Barm-
9- herzigkeit darstellen, sind flüchtig und selbst geistlos. Eine
sehr grosse Ihlimmeltahrt Maria im Museum von Berlin zeigt
zwar noch eine grossartig alterthümliche Anordnung, nament-
lich in der kolossalen, feierlichen Gestalt der Maria, dagegen
erinnert in den zahllosen Engeln der oft sehr realistische Ty-
pus der Köpfe und die schwere, phantastische Gewandung
unverkennbar an das XV. Jahrhundert. Der Idealkopf der
Madonna ist leer und ohne höhere Reinheit der Form, die
Malweise plump und zum Theil roh.
10. Taddeds Arbeiten zu Perugia scheinen übrigens dort
und in der Umgegend mannigfach. zur Nachfolge gereizt zu
haben, wie sich vornehmlich aus einigen Wandgemälden, die
an verschiedenen Orten in Assisi erhalten sind, ergiebt.
(S. unten.)
11. Der Charakter vorherrschender Milde sowie das Beibe-
halten alterthümlieher Motive zeigt sich bei den Künstlern
von Siena das ganze XV. Jahrhundert hindurch. Im Üebri-
Ueber andere Werke des 'l'addeo' vgl. Crowß u. Cairalcas. II, 156 ff.
u. I, 396, wo ihm auch die Krönung der Maria im Campo Santo von
Pisa. zugeschrieben wird. Ueber den Folgenden dasselbe Buch, Th. III, 52.