115.
Siena.
Berna, Taddeo di Bartolo.
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volle Auffassung, vorzüglich der Ausdruck eines tiefen reli-
giösen Sehnens, bei einem anderen Sieneser, dem Taddeo
di Bartolo hervor, dessen beglaubigte Werke in den An-
fang des XV. Jahrhunderts gehören. Die älteren unter die-I
sen sind einige Tafeln, die sich zu Perugia befinden, wo der
Künstler längere Zeit gearbeitet haben soll; vornehmlich ein
Altarbild, welches den Namen des Künstlers und die Jahr--
zahl 1403 führt und in der Sammlung der dortigen Akademie-
atifbewahrt wird. Es ist eine Madonna mit dem Kinds und
zwei Engeln, daneben der heil. Bernhard. Es sind edle Ge-
stalten mit schön stylisirter und weich gezogener Gewandung,
voll anziehender Innigkeit des Ausdrucks; vornehmlich schön
und anmuthsvoll ist_ das Gesicht der Madonna. Ebenda- 2.
selbst sind noch zwei Tafeln, jede mit vier Heiligen, auch
diese gar schön und würdig, doch nicht" so ausgezeichnet wie
das vorige Bild. In der Kirche S. Agostino zu Perugia 3.
(im linken Kreuzflügel) hängt eine Ausgiessung des heil.
Geistes, ein treffliches Bild, dessen Styl den anderen Bildern
des Meisters vollkommen entspricht.
Eine Verkündigung in der Galerie der Sieneser Aka- 4.
demie, ebenfalls ein anziehendes Bild, kommt doch den Ar-
beiten in Perugia nicht gleich. Mehrere nicht sehr bedeu- 5.
tende Bilder finden sich im Louvre zu Paris"). Viel be- 6.
deutender sind die Wandgemälde, welche Taddeo in der Ka-
pelle des öffentlichen Palastes zu Siena um das Jahr 1407
ausführte. Dieses sind einige Geschichten der heil. Jung-
frau, und zwar solche, die auf ihr Lebensende Bezug haben;
eine eigenthümliche Weichheit, Adel und tiefstes innigstes
Gefühl spricht sich durchweg in diesen Gemälden aus. Der
stille Leichenzug der Jungfrau, dann ihr Begrabniss und wie
Christus niederfährt und sie zum ewigen Leben auferweckt,
a) Bei diesem Anlass müssen wir ein- für allemal die alte Klage
Wiederholen, dass die meisten Bildertaufen des Louvre, was ältere Ge-
mälde betrifft, von einer heillosen und wahrhaft unglaublichen Leicht-
fei-tigkeit zeugen. Wir werden im Folgenden hauptsächlich die von
Waagen vorgeschlagenen Benennungen berücksichtigen. (Anm. d.
II. Aufl.) Es soll in neuerer Zeit besser geworden sein. v. B1,