Toskanisehe
Schulen.
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Ein Rückblick auf diese unmittelbarer von Giotto ab- 5.
hängige Schule von Florenz lässt den Stifter erst in seiner
vollen Grösse erscheinen. Ein Jahrhundert war seit Gi0tt0's
erstem Auftreten verflossen, und selbst seine grössten Nach-
folger, Orcagna und Spinello, waren noch nicht wesentlich
über die von ihm vorgezeichneten Bahnen hinausgekommen.
Seine Anschauung des Lebens, seine Formenauffassung
beherrschten noch immer ihren Styl und wenn sie innerhalb
dieser Grenzen doch so gross und reich erscheinen, so ist
dies nur ein Beweis mehr für die geistige Gewalt, welche
Giotto über sein Jahrhundert ausübte Neu ist bei seinen
Nachfolgern hauptsächlich das Streben nach Schönheit der
Köpfe und Milde des Ausdruckes, welches schon mit den
Gaddi beginnt und in Orcagnafs Paradies seine höchste Stufe
erreicht, bei Einigen sogar sich bereits einer weichen Ver-
schwommenheit nähert. Doch hat. dieses Streben den Geist
der Schule nicht umgestaltet und ihre Charakteristik und dra-
matische Lebendigkeit im Ganzen nicht beeinträchtigt.
Zweites
Capite].
Toskanische
Schulen.
Meister
VOIl
Siena
und
ihre
Nachfolger.
ä. 113. In der ersten Richtung der Periode vorherrschend
subjektiver Auflässungsweise, die wir, wo sie entschieden her-
vortrat, mit der didaktischen Poesie vergleichen kom1ten, war
eine Menge neuer und eigenthümlicher Darstellungen, und
WO das nicht, doch eine neue Behandlung älterer Gegenstände
sichtbar geworden. Nicht eben so in der zweiten Richtung,
M) R11 mohr (It. F. II., S. 400 u. f.) bringt diese Langsamkeit der
Entwickelung mit dem Zunftgeiste der damaligen Kunst, hauptsächlich
mit der langedauernden Abhängigkeit der Lehrlinge von den Meistern
in Verbindung.
Kngler Malerei I. 24