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Buch II.
Mittelalter.
Italien.
Gothischer Styl.
g.110.111.1
Stadt führen u. s. W. Weiter hinauf, in's Gebirg empor, wo
die Einsiedler in Höhlen und Kapellen wohnen, wird es immer
entfremdeter vom Treiben der Welt. Aber der Versucher
folgt dem Geiste des Menschen auch in die Wüste; in man-
nigfachen Gestalten, bald schreckhaft, "bald verführerisch,
sucht er die Frommen ihrer heiligen Beschäftigung abwendig
zu machen; in seiner bekannten drachenartigen Unform sieht
man ihn nur an ein Paar Stellen, zumeist ist -er vermummt:
als disputirender Philosoph, als verlockendes Weib u. dgl.,
immer jedoch an den Krallenfüssen zu erkennen. Das Ganze
baut sich nach alterthümlicher Anordnung (wie Aehnliches
namentlich in der byzantinischen Kunst gefunden wird)_ in
mehreren Reihen übereinander empor und die obersten, so-
mit die entferntesten Darstellungen sind von gleicher Grösse
mit den unteren. An Gesammtwirkung, an Perspektive fehlt
es dem Bilde somit allerdings, aber man empfindet deren
Mangel nicht, da sie gar nicht in der Absicht des Künstlers
lagen. Die einzelnen Darstellungen sind dagegen mit vieler
Anmuth und Sinnigkeit durchgeführt.
1. g. 111. Auf dieses Gemälde folgt die erste Eingangs-
Thür zum Campo Santo. Zwischen dieser und der zweiten
sind die Geschichten des heil. Ranierus, des Schutzpatrones
von Pisa, und die Geschichten der HH. Ephesus und Potitus
dargestellt. Jedes von diesen besteht aus sechs Feldern, von
denen je drei die obere und die untere Hälfte der Wand
ausfüllen. Die drei obern Gemälde aus der Geschichte des
Ranierus ü) werden fälschlich dem schon genannten Simone di
Martino von Siena zugeschrieben; sie sind das Werk eines
minder begabten, aber handwerklich tüchtigen Meisters, eines
Andrea Fiorentino, der laut einer alten Quittung 1377 dafür
2, Zahlung empfingü). Die unteren drei Gemälde derselben
Geschichte sind um das Jahr 1386 von Antonio Vene-
ziano gemalt, welcher ungleich mehr Sinn für Schönheit
Beiträge,
Förster,
111
Bonaini Not.
ined. p.
105 ff.
(Crowe u.
Cavalcaselle.)