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Buch II.
Mittelalter.
Italien.
Gothischer Styl.
Sie stellen die Passion Christi, seine Auferstehung, seine Er-
scheinung vor den Jüngern und Himmelfahrt dar, und sind,
wie es scheint, noch vor der Mitte des XIV. Jahrhunderts
ausgeführt. Durch die Darstellung der Passion geht ein
eigener grossartig phantastischer Zug; die anderen sind ernster
und feierlicher, besonders, wo Christus den Jüngern erscheint,
und diese seine Wundenmale berühren. In der Ausführung
sind die Bilder roh und ausserdem übermalt. hlan schrieb
sie sonst einem gewissen Buonamico Christofztni, genannt
Buffalmaco zu, dessen ganze Existenz jedoch zweifelhaft ist,
indem seine Lebensbeschreibung bei Vasari nur ein Gewebe
launiger Novellen bildetf).
3. Bedeutender sind diejenigen grossen Gemälde, welche
diesen Darstellungen zunächst an der Nordwand folgen. Sie
gehören etwa der Mitte jenes Jahrhunderts an und sind das
Werk eines tiefsinnigen, phantasiereichen Künstlers, dem es
gelungen, seine Anschauung von 'Leben und Tod in einem
Farbengedichte darzustellen, welches, der tiefsten Bedeutung
voll, dennoch weder Symbole noch eigentlicher Allegorien
zum Ausdrucke der darin enthaltenen Gedanken bedarf, und
in dieser unmittelbaren Verbindung zwischen Darstellung und
Inhalt um so bedeutender Wirkt. Der Geist dieses Künstlers
steht in der That noch über Giotto, dessen Richtung er be-
folgt; er würde dem Dichter der göttlichen Komödie zu ver-
gleichen sein, wenn der, freilich noch sehr untergeordnete
Grad seiner technischen Ausbildung der Vollendung in
Dante's Terzinen nicht zu fern stände. Andrea, der Sohn
des Horentinischen Bildhauers Cione, wurde bisher als der
Verfertiger der in Rede stehenden Gemälde angegeben. Er
blühte in der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts und
starb vor 1376. Er war zugleich einer der vorzüglichsten
Architekten und Bildhauer seiner Zeit und wird insgemein,
Indessen hat er wirklich existirt und ist 1351 in die Florentiner
Malerzunft getreten, doch sind zur Zeit noch keine Werke von ihm
sicher beglaubigt. Vergl. Crowe u. Cavalcas. I. 337-396.