Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

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Buch II. 
Mittelalter. 
Italien. Gothischer Sty]. 
109. 
S. Die Malereien der Eingangswand sind grösstentheils 
zerstört, indem die Fenster früher nicht geschlossen waren 
und den Zugang der Witterung gestatteten; sie stellten, nach 
Vasari, das Leben des heil. Dominicus (lar. Zu erkennen 
ist hier nur noch u. a. eine Predigt des Heiligen vor ge- 
drängtem Volke, und an dem einen Fensterpfeiler die Er- 
weckung eines gestorbenen Mädchens, Welches sich mit wun- 
dersamer Geberde zu seiner Mutter wendet. 
1 Das Gemälde, welches die linke WVand der Kapelle (vom 
Eingange aus gesehen) schmückt, enthält eine allegorische 
Darstellung der Weisheit der Kirche. In der Mitte des 
Bildes, nach oben zu, sieht man hier den heiligen Thomas 
von Aquino, welcher für den grössten Philosophen seiner 
Zeit gehalten wurde und hier als Vollender der Sakraments- 
lehre in um so erhabnerer Glorie dargestellt werden musste, 
da er gerade in demselben Jahre 1322 heilig gesprochen 
worden war; überdiess galt es, hier in einem der grossartig- 
sten Dominicanerklöster eine Apotheose der grössten Ordens- 
hciligen aufzustellen, welche mit der für S. Franz von Assisi 
üblich gewordenen wetteifern konnte. Diess geschah nicht 
wie bei S. Franz in Gestalt einer mystischen Parallele mit 
Christus, sondern unter dem Bilde der Herrschaft über alle 
Erkenntniss und Weisheit der Welt; dem ekstatisch andäch- 
tigen Franciscanerorden tritt der Predigerorden auch hier 
als der Wissende und lehrende entgegen. Sankt Thomas sitzt 
in feierlicher Ruhe unter einem reichen gothischen Baldachine 
und hält ein Buch in der Hand, worauf die (lateinischen) 
Worte des Buches der Weisheit (VII, 7. u. 8) stehen: 
"Darum so bat ich, und ward mir Klugheit gegeben; ich rief, 
und mir kam der Geist der Weisheit. Und ich hielt sie 
theurer denn Königreiche und Für-stenthümer." Ueber ihm 
schweben Engel; zu seinen Seiten sind Bänke, auf deren 
jeder fünf Propheten und Evangelisten sitzen; zu seinen 
F üssen sitzen drei Männer mit Büchern, in kauernder Stellung 
gleich überwundenen Sklaven; es sind die vornehmsten Ketzer, 
Arius, Sabellius und Averrhoes. Auf dem unteren Theile 
des Bildes, vor einer langen durchlaufenden Wand, sieht man
	        
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