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Buch II.
Mittelalter.
Italien.
Gothisoher Styl.
erkennen; auch das Porträt Dante's, welches neuerlich an
einer Wand im Pallaste des Podeste. zu Florenz gefunden
4, worden, zeigt eine tiefe, eindringende Auffassung.) Das be-
deutendste Beispiel für dieses Element seiner (oder doch
der zeitgenössischen) Kunst sind jedoch die genannten Dar-
stellungen der Sacramente in der Incoronata zu Neapel. Hier
sieht man nicht blos Köpfe, sondern zugleich eine so naive
Auffassung der besonderen Situationen, dass dieselben in ihrer
vollen Bestimmtheit dem Beschauer vor Augen gerückt Wer-
den. Wir geben die Beschreibung einiger von jenen Dar-
Stellungen, die für diese Kunstweise bezeichnend sind.
.5. Die Beichte. Reiche Architektur im {iorentinisch gothi-
sehen Style, zum Theil geöffnet. Der Priester sitzt im Beicht-
stuhl, mit ernster, sehr ausdrucksvoller Geberde horchend:
vor ihm kniet ein Weib, Welches mit betrübter Miene beichtet.
Ausserhalb der Kirche, rechts, sieht man drei Büssende, die
in gemessenen Schritten die Kirche verlassen. Sie tragen
das Haupt in schwarze Kapuzen verhüllt; Arme, Beine und
Rücken sind nackt. Sie schwingen Geisseln auf ihren Rücken ;
dem vordersten fliesst das Blut herab. Oben, in der Ecke,
erblickt man entfliehende Teufelsgestalten.
(i. Die Priesterweihe. Offene romanische Kirchen-Archi-
tektur. In dem Gewölbe einer Tribune ist eine Mosaik-
Darstellung angebracht: Christus, der zwei Jünger zu sich
ruft, offenbar absichtlich, als Vorbild der heiligen Hand-
lung. In der Kirche sitzt der Papst unter einem Baldachine,
mehrere ornirte Geistliche zu seinen Seiten. Er fasst mit
seinen Händen die des jungen, schüchternen Priesters, welcher
geweiht werden soll und hinter welchem andre Geistliche und
mehrere Chorknaben stehen. Den Vorgrund bildet ein Chor
von zehn Sängern, die vor einem Pulte stehend singen. Die
nachlässige Sängerstellung, die Anstrengung beim (Singen,
die Vortragweise der verschiedenen Stimmen, alles dies ist
in der Gruppe aufs Glücklichste und in liebenswürdigster
Naivetät dargestellt. Links oben schwebt ein Engel.
7. Die Ehe. Ein reich ornamentirter Teppich im Hinter-
grunde, darüber kleine Amorinenstatuen, Welche goldene