Giotto
in
Rom
Neapel.
und
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meine in der Gestalt eines Richters, sitzend, mit dem Scep-
ter in der Hand, über dem Haupte eine gleichwägende Wage
und zu seinen Seiten die Tugenden der Stärke, Klugheit,
Gerechtigkeit und Mässigung.
Für die ältere Peterskirche von Rom fertigte Giotto das 4.
berühmte Mosaik der Navicella, dem ebenfalls ein allegori-
Sßher Sinn zu Grunde liegt. Es stellt ein Schiff auf beweg-
tem Meere mit den Jünger-n des Herrn dar, gegen welches
die Winde, mensehlieh personificirt, anstürrnen; oben erschei-
nen die Väter des alten Bundes und sprechen Trost zu. Nach
altchristlicher Weise bedeutet es die Kirche. Vorn, zur Rech-
ten, steht Christus, der Hort der Kirche, in fester Stellung,
indem er den Petrus aus den Wellen emporzieht. Gegenüber
sitzt ein Fischer in ruhiger Erwartung, die Hoffnung der
Gläubigen bezeichnend. Das Mosaik hat mehrfach seine
Stelle verändert und ist dabei verschiedenen Restaurationen
unterworfen gewesen, so dass fast nur noch die Composition
als Giottds VVerk zu betrachten ist. (Der Fischer und die
in der Luft schwebenden Figuren sind in ihrer jetzigen G-e-
stalt das Werk des Marcello Provenzale.) Die Navicella
schmückt die Vorhalle der gegenwärtigen Peterskirche.
Zu Neapel, in dem Kirchlein der Incoronata, malte 5.
Giotto die sieben Sakramente"). In diesen Gemälden tritt
das eigentlich allegorische Element, welches die Verbindung
zwischen Darstellung und Inhalt im YVesentlichen immer
nur durch äussere Verstandesthätigkeit zu Wege bringt, nicht
mehr hervor; sie stellen wirkliche Situationen des Lebens dar,
in deren Verbindung jedoch wiederum ein tieferer Ge-
danke ausgesprochen ist. Denn indem sie das gesammte Le-
1-) Ausführlicheres über diese Malereien, s. in Kuglefs Museum,
1835, n. 43 u. 44. In Umrissen herausg. von Stan. Aloe: les pein-
tures de Gioito dans Peglise de Fincoronata ä Naples, Berlin 1843.
Ueber die Gründe, aus denen die neuere Forschung diese Bilder mit
Bestimmtheit dem Giotto abspricht, und das Wenige, was ihm mit
Wahrscheinlichkeit in Neapel zugeschrieben werden kann, vergl. Crowe
u. Cavalcaselle I, 327- Als den Autor der "Sieben Sacramente" ver-
muthet man einen Robertus de Oderisio de Neapoli, wie er sich auf
einer Kreuzigung zu S. Franc. v. Assisi zu Eboli bezeichnet.
Kugler Malerei I. 22