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Buch II.
Mittelalter.
Italien.
Romanischer Styl.
nern Figuren. Der Grund ist Gold. Wenn auch nicht im
Einzelnen der Form, so lässt sich doch in der bewegten und
begeisterten Geberde ein Wiederaufleben derjenigen poetischen
Intention erkennen, Welche den Mosaiken des V. Jahr-
2- hunderts ihre Grösse verleiht. In jeder Beziehung höher
steht jedoch das Mosaik von S. Maria Maggiore, welches in
hoher Würde und Anmuth und in dekorativer Schönheit der
Anordnung vonkeiner gleichzeitigen Arbeit übertroffen wird.
In einem blauen, goldgestirnten Rund thront Christus mit
Maria; zu beiden Seiten, auf Goldgrund, schweben und knien
anbetende Engel; Petrus und Paulus, die beiden Johannes
und jene beiden Ordensheiligen (wiederum kleiner und ge-
bückt) schreiten andächtig heran; der obere Raum wird von
prachtvollen, durch symbolische Thiere belebten Weinranken
ausgefüllt. Unten fliesst wiederum der Jordan, mit kleinen
Flussgöttern, Barken, Menschen- und Thierfiguren. Weiter
abwärts vier Scenen aus der Geschichte Christi, von leben-
diger Anordnung. Herrlich ist besonders die Gruppe im
Mittelrund; während Christus die Maria krönt, hebtisie, an-
betend und zugleich bescheiden abwehrend, die Hände auf.
Die Formenbildung erscheint schon sehr edel und rein, die
Ausführung sorgfältig und sehr verschieden von den römischen
Mosaiken des XII. Jahrhunderts. Noch entschiedener zeigt
sich dieser. neue Styl in den von dem Cosmaten Johan-
nes mit Mosaik versehenen Nischen zweier Grabmäler in
3. S. M. sopra Minerva und in S. M. maggiore zu Romx).
Um dieselbe Zeit (gegen 1300) entstanden die Mosaiken oben
an der F acade letzterer Kirche (jetzt in die Loggia einge-
fasst), welche in zwei von architektonischen Ornamenten um-
fassten Reihen oben einen segnenden Christus und mehrere
Heilige, unten die Legende von der Stiftung der Kirche
in gut geordneten Compositionen enthalten. Eine Inschrift
4- nennt den sonst unbekannten Meister Philippus Ru-
w) Ueber neuentdeckte Werke der Künstlerfamilie der Cosmaten
zu Civita Castellana, Anagni u. vergl. Cr. u. Cavalcas. I. 96 E,