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Buch II.
Mittelalter.
Italien.
Rom anischer Styl.
Domes von Spoleto") erwähnt werden, welches den Erlöser
auf dem Throne, Maria und Johannes zu seinen Seiten dar-
stellt und mit dem Datum 1207 nebst dem Namen des Mei-
sters, Solsernus, bezeichnet ist. Dasselbe giebt die ge-
wöhnliche byzantinische Vorstellungsart Wenigstens in einer
eigenthümlichen Grossheit und WTürde Wieder.
B. In den italienischen Handschriftbildern dieser Zeit äussert
sich eine Composition und Formenbildung, welche im Ganzen
derjenigen der grössern Kunstwerke verwandt, aber roher
und nachlässiger ist"). Hier so gut wie im oströmischen
Reiche war das Copiren älterer Arbeiten gebräuchlich, nur in
weniger sklavischer Weise, eher im Sinne einer freien Um-
arbeitung. Die Miniaturen eines Virgils der vaticanischen
Bibliothek wahrscheinlich aus dem XIII. Jahrhundert,
bestehen, wie es scheint, aus lauterfrei benutzten antiken
Motiven, wobei allerdings das Ungeschick vielleicht schon des
ersten Urhebers schwer. von dem des Umarbeiters zu unter-
scheiden ist. Nicht bloss die Erfindung, sondern auch alles
Einzelne, Haltung, Geberden, Gewänder, selbst der hoch an-
genommene Horizont lassen sich direkt auf die spätrömische
Kunst zurückführen; auch die Köpfe haben noch die antike
Breite und Jugendlichkeit, nur Alles in barbarisirter Umge-
staltung T).
, g, 92. Anders als in Rom gestaltete sich der Kampf
zwischen dem Alten und dem Neuen in Venedig, wg die
byzantinische Malerei ihre stärksten Wurzeln geschlagen
i?) S. Rumohr, im Tüb. Kunstblatt 1821, N0. 9, wo eine Ab-
bildung, und Ital. Forsch. I., S. 338.
w) Vgl. D'Aginc0urt, a. a. O. Taf. 67-69. Waagen,
Kunstw. und Künstler in Paris, S. 260 und 267, über einige ital. M1-
niaturen des IX. und X. Jahrhunderts.
weiß) Bez. N0. 3867; Abbildungen bei D'Agincourt, a. a,
Taf. 63. u. f.
1'; Sollte die Handschrift vielleicht doch noch der Zeit des Alter-
thums angehören, wie Mabillon glaubte? etwa dem VI. Jahrhundert?
Die prachtvolle Uneialschriit und die Abwesenheit aller und jeder mittel-
alterlichexi Einzelheiten. wodurch sich sonst spätere Copien als solche
verrathen, macht D'Agincourt's Zeitbestimmung (welche sich u, W,
bloss auf den Styl gründet) etwas zweifelhaft.