Rom.
Mosaiken von S. Clemente u. S. Paolo.
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füllt, aus dessen mittlerem Stamm ein Crucifix mit zwölf Tau-
ben emporspriesst; zu beiden Seiten des Kreuzes erblickt
man Maria und Johannes, unten an der Wurzel die Para-
diesesströme, an Welchen sich Pfauen und Hirsche laben.
Auf und zwischen den Ranken schweben Vögel und kleine
menschliche Figuren, u. a. die 4 Kirchenlehrer. Unter der
Ilalbkuppel, wie gewöhnlich, die 13 Lämmer. An der Nischen-
wand oben ein Brustbild Christi und die Symbole der Evan-
gelisten, dann auf jeder Seite beisammensitzend ein Heiliger
und ein Apostel; weiter unten auf jeder Seite ein Prophetk).
An die Stelle jener byzantinischen Raumüberfüllung, welche
sich um die architektonische Wirkung gar nicht kümmerte
(wie z. B. in S. Prassede), ist hier eine wohlthuende und
einfache Anordnung getreten. Die Figuren sind in Verhält-
nissen und Ausbildung jenen von S. M. in Trastevere ahn-
lich und ebenfalls durchaus abendländisch; besonders die vier
sitzenden zeichnen sich durch eine lebendige Wendung aus,
welche man in den römischen Mosaiken der vorhergehenden
Periode vergebens suchen würde. Mit dem Anfange des 4,
XIII. Jahrhunderts, als unter dem grossen Innocenz III. die
Kirche ihre höchste Machtfülle erreichte, erscheint wenigstens
in einzelnen Kunstwerken die byzantinische Ueberlieferung
schon völlig überwunden, wie z. B. in der geschnitzten Pforte
von S. Sabina auf dem Aventin. Freilich giebt diese als
Sculpturwerk hier keinen unbedingten Massstab H); auch
dauern die Rückfälle und die Anklänge an jenen scheinbar
schon beseitigten Styl das ganze Jahrhundert hindurch. So 5,
ist z. B. das gigantische (stark restaurirte) Mosaik der Chor-
Die Apostel, welche an der Wand der Chemische gemalt sind,
können in ihrem gegenwärtigen Zustande nur für ein Werk des Gio-
venale da Orvieto (um 1400) gelten.
H) Dieselbe dramatisch lebendige Bewegung, welche dieses Werk
so merkwürdig macht, scheint den jetzt erloschenen Wandgemälden
(Scenen des Klosterlebens) im Abteigebäude alle tre fontcme bei Rom
eigen gewesen zu sein, welche ebenfalls unter Innoeenz III. entstanden.
Flüchtige Abbildungen bei D'Agincourt, a. a. O. Taf. 97. Die Ma-
lereien der Vorhalle, ebenfalls XIII. Jahrhundert, waren von einer an-
dern, geringern Hand. S. ebenda Taf. 98.