Parallele
mit
der
italienischen
Malerei.
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an süsser Milde und Reinheit den alten Kölnern voran, und
in der lebendigen und harmonischen Färbung haben die
Deutschen jener Zeit sogar unläugbar den Vorrang. Allein
verkennen wir es nicht, dass ihre Grösse eine höchst ein-
seitige war. Die fortwährende Darstellung eines doch etwas
beschränkten Kreises von Stimmungen hatte ihre höchsten
Bemühungen auf die Behandlung der Gesichtszüge concen-
trirt, Welchen alles Uebrige, selbst bei der liebevollsten und
glänzendsten Ausstattung im Einzelnen, sich unterordnen
muss. Hauptsächlich ist und bleibt die Gestalt conventionell,
ja selbst leblos und unfähig zur That. Wo heftige Bewegung
verlangt wird, geht desshalb dem Maler der Styl aus, welcher
seine gesammte Darstellung mit harmonischer Gewalt um-
fassen sollte, und er muss sich in solchen Fällen einem oft
ziemlich gemeinen und ungeschickten Naturalismus in die
Arme werfen.
Auf ganz andern Pfaden ging damals die italienische
Kunst ihrer höchsten Entwickelung entgegen. Schon Giotto
hatte in der Menschengestalt mit ihren Bewegungen und Ge-
berden eine mehr oder weniger organische Existenz auszu-
drücken vermocht, die Darstellung des Geschehens der Vollen-
dung nahe gebracht, und die Grundzüge geschaffen zu einer
künstlerisch geordneten, schönen Composition. Zur Zeit
dies Wilhelm von Köln hatten bereits Orcagna, Spinello von
Arezzo, und d'Avanzo Veronese diese Elemente zur freisten
und geistvollsten Behandlung von Gegenständen benützt,
deren hoher und gewaltiger Conception die kölnische Schule
nichts an die Seite zu stellen vermag. Dagegen lässt sich
sehr bezweifeln, ob irgend einer dieser Maler an subjektiver
Tiefe des Gefühls dem Stephan von Köln gleichgekommen sei.