Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

Miniaturen. 
Französiseh-niederländische 
293 
ausmacht. Aus den bunten illuminirten Federzeichnungen 
der streng gothischen Periode werden jetzt lwfmßnisßh alls- 
geführte Gemälde, statt des goldenen oder schachbrettartigen 
Grundes wird jetzt die Räumlichkeit, sei es Architektur oder 
Landschaft, einstweilen in einfachster WVeise, mit grossen 
Verstössen gegen die Perspective, angedeutet und der Himmel 
durch einen blauen Streif bezeichnet; allerdings nur erste 
Versuche in der Darstellung der Wirklichkeit, aber höchst 
bedeutsam als einzige und nächste Vorbereitung auf die hohen 
iiandrischen Leistungen in landschaftlicher und architek- 
tonischer Malerei. In der Auffassung heiliger Personen zeigt 
sich eine innere Verwandtschaft mit Wilhelm von Köln, ein 
deutliches Streben nach Schönheit, Milde und Seelenreinheit 
in den Gesichtszügen, eine edle, ruhige, wenn auch oft allzu 
lange Körperdarstellung und dasselbe, nicht mehr statuarische, 
sondern weiche, breite, malerische Princip in der Gewandung. 
Einzelne Werke sind ihm sogar in der Zeichnung der Köpfe, 
in den Verhältnissen der Gestalt, in der Freiheit der Be- 
wegungen und vor Allem in der Mannigfaltigkeit des Aus- 
druckes weit überlegen; doch ist das Nackte auch hier ins- 
gemein mager und schwach. Die Farben sind meist hell 
und harmonisch, die Technik von erdenklichster Feinheit und 
Sicherheit. Als das Wesentlichsttz jedoch erscheint immer 
der hier zuerst hervortretende grosse Reichthum neuer Mo- 
tive in Handlungen und (ieberden, die mannigfaltige und 
feine Individualisirung der Köpfe, die anmuthigen und un- 
gezwungenen Bewegungen, mit einem Worte, die sehr viel- 
seitige Naturwahrheit, mit welcher sich durchgängig eine 
Neigung zum Humor und zur launigen Darstellung des ge- 
wöhnlichen Lebens verbindet. Es sind die ersten Anfänge 
derjenigen Richtung, welche sehr bald darauf durch die flan- 
drische Schule ihre Höhe erreichte. Allerdings ging die letz- 
tere weit über diese Prämissen hinaus, doch kann man hier 
erkennen, dass sie keinesweges isolirt, sondern unter einem 
hoch begabten, schon damals künstlerisch weit fortgeschrittenen 
Volke ihre Wirksamkeit begann. 
Die wichtigsten Handschriften der betreffenden Gattung 4,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.