Ausläufe
der
Kölnisehen Schule.
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Hier ist endlich noch ein vereinzeltes Werk aus Göttingen 3..
zu erwähnen, Welches ebenfalls die weite Ausdehnung des
Styles der Schule Wilhelms zu beweisen geeignet ist: das
mächtige und umfangreiche Altarwerlä der ehemaligen Pau-
linerkirche zu Göttingen (jetzt. im Erdgeschoss der Biblio-
thek, welche einen Theil dieser Kirche ausmacht), das im
Jahre 1424 Wahrscheinlich an Ort und Stelle von Bruder
Heinrich von Duderstadt gemalt wurde. Der Zeit nach
fällt dasselbe allerdings mit der spätesten und höchsten Ent-
wickelung der kölnischen Schule zusammen, geht jedoch im
Styl noch nicht über die Darstellungsweise Wilhelms hinaus
und erreicht die Schönheit und Hoheit desselben lange nicht.
Das Werk ist etwa 9 Fuss hoch, und ohne die Flügel 12
F uss breit, also eine der grössten erhaltenen Altartafeln jener
Zeit. Bei geschlossenen Flügeln sieht man auf violettem,
goldgestirntem Grund vier sinnbildliche Darstellungen in Bezug
auf Maria und die Passion, sämmtlich von etwas roher Arbeit.
Eine von diesen Scenen zeigt, wie bisweilen in der Kunst
eine ganz subjektiv-willkürliche Symbolik mit der ebenfalls
subjektiven Andacht der Mystiker jener Zeit Hand in Hand
ging: man sieht die Maria sitzend, von Engeln umgeben, in
der einen Hand einen gekreuzigten, in der andern Hand einen
triumphirenden, auf dem Schooss einen im Sarge liegenden
Christus. Beim Oeffnen der Aussenflügel erblickt man unter
Baldachinen auf Goldgrund die fast lebensgrossen zwölf
Apostel, wovon je drei auf die Innenseiten der Aussenflügel
und die Aussenseiten der Innenüügel kommen; würdige, zum
Theil selbst grossartige Gestalten von bestem kölnischem
Typus, vielleicht einem ältern, vortrefflichen Werke nach-
geahmt. Oeffnet. man auch die Innenflügel, so erscheint als
Mittelbild, offenbar von derselben Hand, eine Kreuzigung
auf Goldgrund, welche jedoch in Composition und Zeichnung
ziemlich ungeschickt und mangelhaft ausgefallen ist, weil etwa
der Maler sich hier mehr der eigenen Erfindung überliess.
Achtzehn kleinere Bilder auf den Innenseiten der Flügel und
an beiden Rändern des Mittelbildes enthalten die übrigen
Scenen der Passion. Eine gewisse Derbheit der Umrisse in