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Buch II.
Mi ttcl alter.
Der Norden.
Goihischer Styl.
eines grossen Altars aus der Abtei Heisterbach bei Bonn.
Zwei Tafeln davon, Geisselung und Grablegung, befinden
sich im Kölner Museum; es sind höchst einfache Composi-
tionen mit edel gebildeten, aber etwas ausdruckslosen Köpfen;
auch die Gewandung ist nicht bedeutend; dagegen würde die
überaus reiche Modcllirung und das etwas umßorfe Colorit
5. zu den spätem Arbeiten Stephans wohl passen. Die ersten
Bilder, Welche mit einiger Entschiedenheit die Hand des
Stephan erkennen lassen, sind eine erst neuerlich auf-
gefundene, weit über lebensgrosse Madonna mit dem Kinde,
im erzbischöflichen Besitz daselbst, ferner eine h. Ursula,
wiederum im Museum zu Köln; vielleicht ein ehemaliger
Aussenflügel desselben Heisterbacher Altars. Die Heilige er-
scheint in feierlich ruhiger Stellung, mit ausgebreiteten Ar-
men, in der einen Hand einen Pfeil, in der andern einen
Palmzweig haltend; ihr Mantel fällt breit nieder und dient
vieren vor ihren Jungfrauen, die in kleinerm Massstabe dar-
gestellt sind, zum schützenden Baldachin. Seiner Bestimmung
nach ist das Gemälde in der Ausführung und Färbung ein-
fach; das schlichte grüne Gewand hebt sich von dem blauen
Hintergrunde nur wenig ab; dabei sind die Köpfe im lieb-
lichsten Farbenschmelz wie hingehaucht und von der schön-
sten idealen Anmuth. In den Gestalten herrscht überhaupt
noch die Auffassung Wilhelms mit all ihrer hohen Lieblich-
keit; nur ist damit eine Gemessenheit und Sicherheit des
Styles verbunden, welche weit über seine Vveise hinausgehta").
1, s. 79. Eine ungleich höhere und selbständigem Ausbil-
dung zeigt Stephan in dem berühmten sogenannten Dom-
bilde, welches mit Recht als eine der allerhöchsten Leistun-
gen der ältern Kunst diesseits der Alpen betrachtet wird.
Schon die Absicht, welche bei der Bestellung gewaltet haben
muss, ist nicht ohne Bedeutung. Der Rath von Köln hatte
i) Dieses leider sehr beschädigte Bild befand sich 184i in der (dem
Publicum unzugänglichen) Reserve des MuSfßumS- Ob es mit einem
seitdem aufgestellten stark restam-irten Gemälde desselben Inhalts iden-
tisch ist, wissen wir nicht.