Meister
Wilhelm
VOD.
Köln.
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eines der ergreifendsten Beispiele des frommen Ausdruckes,
welcher dieser Schule eigen war. Das Antlitz Christi auf
dem Schweisstuch (welches die Heilige ausgespannt vor sich
hält) ist nicht ohne eine gewisse typische Grösse der Formen,
aber im Ausdruck nicht sehr bedeutend. Unten zu beiden
Seiten sitzen sechs niedliche kleine Engel lesend und singend
beisammenm). Endlich befinden sich in der Galerie der 8.
Moritzkapelle zu Nürnberg zwei Bilder (ehemalige Aussen-
flügel) mit den hh. Katharina und Elisabeth, von grosser
Zartheit und Lieblichkeit der Köpfe, auf rothem, goldgestirn-
ten Grunde, und mit diesen scheint die Reihe der bis jetzt
bekannten unzweifelhaften WVerke dieser Hand abgeschlossen
werden zu müssen. Zwar ündet sich ebendort noch eine vor- 9.
treffliche Madonna in der Art des Wilhelm, allein der Ton
des Fleisches ist zu bräunlich, die Farben zu entschieden und
ungebrochen, als dass es ihm selbst zuzuschreiben wäre. (Das
Kind hält eine Erbsenblüthe) H).
ä. 7T. Welchen Einfluss Wilhelm auf Zeitgenossen und 1-
jüngere Künstler geübt, davon geben zahlreiche Sehulbilder
ein hinreichendes Zeugniss. Man wird bei der Unterschei-
dung verschiedener Hände in einem von aller Ueberlieferung
entblössten Gebiet nicht vorsichtig genug zu Werke gehen
können; doch lassen sich wohl mit einiger Sicherheit die auf
dem Boden des ältern gothischen Styles stehenden, bloss im
Einzelnen von Wilhelms Einfluss berührten Zeitgenossen von
den eigentlichen Nachfolgern unterscheiden.
i?) Das Bild ist sammt einer reichhaltigen Auswahl anderer aus
der ehemaligen Boissereesehen Galerie durch das grosse lithographisehe
Werk Strixner's „Saminlung alt-, nieder- und oberdeutscher Gemälde
der Brüder S. und M. Boisseree etei", bekannt geworden. Es trägt
dort die Bezeichnung "byzantinisch-niederrheinisch", welche u. W.
zuerst in Göthds "Kunst und Alterthum" auf denjenigen Styl ange-
wandt werden war, welchen wir den gothisehcn nennen Es bedarf
nach dem bisher Gesagten keiner weitem Widerlegung dieses irrigen
Namens, weicher auch bereits überall aufgegeben ist.
M") Waagen Kunstw. u. Künstler in Deutschland I., S. 16b u. f.
Passavant, Kunstblatt 1841, N0. S9, beschreibt sieben Holzschnitte
des Münchner Kupfersticheabinetes, welche sehr entschieden in der Art
und Weise des Wilhelm entworfen sind.