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Buch II.
Mittelalter.
Der Norden.
Gothischer Styi.
noch nicht die Leichtigkeit, die Bildung der Köpfe noch
nicht das Rundliche, Naive der entwickeltem kölnischen
Schule, doch zeigt sich der Beginn der letztern in der Schön--
heit der Gestalten und in der Anmuth der Gesichtszüge.
ä. 76. Auf den Namen des Meisters Wilhelm selbst
pflegte man in den letzten Zeiten eine grosse Anzahl von
Bildern zu häufen, welche bloss den Schulcharakter im All-
gemeinen trugen. Es ist diess um so begreiflieher, als in
dieser Zeit der Schultypus noch sehr über den individuellen
Typus vorherrscht und der letztere fast nur in einzelnen
höhern Beziehungen der Conception sich kenntlich macht,
während die Aeusserlichkeiten der Darstellung allen Schul-
genossen mehr oder weniger gemeinsam sind. Vor Allem
muss hier wiederholt werden, dass kein einziges Bild sich mit
diesem Namen in sichere Verbindung bringen lässt. Selbst die
Wenigen Werke einer gewissen sehr vorzüglichen Hand,
welche wir nach herkömmlichem Gebrauche als die des
Meisters Wilhelm bezeichnen, haben durchaus keinen unbe-
streitbaren Anspruch darauf, indem ihre wahrscheinliche Ent-
stehungszeit in die nächsten Jahre nach 1388 fällt, während
die Limburger Chronik die grosse und weitbekannte Ilaupt-
epoehe des wirklichen Wilhelm schon in das Jahr 1380 setzt.
Da jedoch frühere nicht viel weniger entwickelte und für die
Zeitgenossen sehr staunenswerthe Arbeiten desselben lWeisters
untergegangen sein können, so mag es beidieser Benennung
sein Bewenden haben.
Das älteste bekannte Werk dieser Hand ist wohl ein
Wandgemälde in der St. Castorskirche zu Koblenz, in
der spitzbogigen Nische über dem Sareophag des im Jahre
1388 verstorbenen Cuno von Falkenstein, Erzbischofes von
Trierx). Wie lange nach dem Tode desselben, oder 0b viel-
leicht gar noch bei seinen Lebzeiten dieses Gemälde ent-
stand, ist völlig ungewiss. Es stellt den Heiland am Kreuze
dar, an dessen Fuss der Erzbischof kniet; zu den Seiten,
L
k) Flüchtig
kunst, Taf. 46.
abgebildet bei Mol ler ,
Denkmäler der deutschen Bau-