Miniaturen
der
Prager
Schule.
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Dagegen geben die llrliniaturen zweier Gebetbücher des 5-
Erzbischofs Ernst. von Prag (aus dem Hause Pardubic
1' 1350, namentlich das Eine von der Hand eines "Sbinko
de Trotina" im Vaterländischen Museum zu Prag, das an"
dere beim Fürsten Lobkowitz ebendaselbst) nicht nur
von einer hohen Ausbildung der böhmischen lliiälefsühllle
(nebst weichem modellirenden Vortrag) schon vor der Mitte
des 14. Jahrhunderts ein glänzendes Zeugniss, sondern deuten
auch auf directen Zusammenhang mit französisch-niederlän-
discher Kunstübung. Selbst Vorgänge aus dem Leben wer-
den in einer böhmischen Handschrift vom J. 1373 (die Schrift
eines Thomas Sitny von christlicher Wahrheit enthaltend,
Ünivers-Bibl. zu Prag) mit Lebendigkeit, Geschmack und
Schönheitssinn behandelta"). Nahe hieran schliesst sich die
berühmte deutsche Bibelübersetzung der k. k. Bibl. zu Wien,
deutschen Einfluss verrathend, und ein Missal ebendaselbst
(für Erzbischof Sbinko von Prag T 1411) zeigt noch im An-
fang des 15. Jahrhunderts die böhmische Schule im F ort-
schreiten begriffen.
Auch die Kunst der Nebenländer Böhmens erfuhr eine 5,
gewisse Einwirkung von der Prager Schule her. Einen sehr
tüchtigen Künstler lässt uns ein Evangeliaritlm in der k. k.
Bibliothek zu Wien (im J. 1368 vollendet) in Johannes de
Oppavia (Troppau?), Canonicus von Brünn kennen. Zwei
kleine aus Schlesien stammende Bildchen des Berliner Mu-
seums, eine Kreuzigung und eine Dornenkrönung zeigen ähn-
liche schwere Formen und weissgrauen Ton, wie die böh-
mischen Werke, dabei aber in den Köpfen eine technische
und physiognomische Durchführung, welche sie vielleicht erst
der Mitte des XV. Jahrhunderts zuweist. In Böhmen 7.
selbst scheint sich die Malerei nach dem Hussitenkriege Wie-
der an die frühere Darstellungsweise der ältern Prager an-
geschlossen zu haben. Ein Altargemäldemit Flügeln, in der
ständischen Galerie zu Prag (XV, N0. 77), WOVOII das Whitel-
Waagen im D.
Kunstblatt 1850
289 u. 298.