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Buch II.
Mittelalter.
Der Norden.
Gothiseher Styl.
überhaupt lässt sich eine engere Verwandtschaft mit andern
deutschen Malereien, namentlich mit der Schule von Köln,
erkennen. So in dem zarten Gefühl des Ganzen, in der
rundlichen Bildung der Köpfe, so wie in den "sehr sanften
Farben der Gewänder, worin man z. B; dasselbe weiche Lila
findet, wie in den altkölnisclien Bildern; ein Zusammenhang,
welchen wir freilich nur aus den vorliegenden Werken
6- folgern, nicht historisch nachweisen können. Von WVurnx-
ser und von Kuntze gemeinschaftlich soll die NIariäi-Itlime
melfahrtskirehe in derselben Burg ausgemalt sein, deren W and-
bilder jetzt nur theilweise und sehr verblasst erhalten sind,
In den fragmentarischen Resten apokalyptischer Darstellungen
lassen sich noch einzelne grossartig gothische Figuren erkene
nen; sodann eine stehende Madonna und eine sehr anmu-
thige liegende weibliche Gestalt, in welcher jene runde
deutsche Gesichtsbildung mit grosser Lieblichkeit durchges
führt ist; endlich drei Darstellungen Carls IV. (sehr über-
malt), wie er an seinen Sohn Wenceslaus das Kreuz, wie er
an Sigismund einen Ring überreicht, und wie er knieend der
Andacht obliegt, späterer und roherer Wandmalereien
7. nicht zu gedenken. Ein ebenfalls aus Karlstein stammendes
Bild, dem Nicolaus Whrmser zugeschrieben, in der Galerie
des Belvedere zu Wien, Christus am Kreuz zwischen Maria
und Johannes (beinahe lebensgross) auf grauem Grunde dar-
stellend, scheint mehr mit Theodorich übereinzustimmen; bei
einem gewissen Adel in Ausdruck und Zeichnung machen
sich die kurzen Verhältnisse der Figuren und die schwer-
fällige Zeichnung in den Extremitäten auf unangenehme
5- Weise geltend. Andere Räume der Burg repräsentiren in
ihren Wandmalereien mehr den allgemeinen Charakter des
gothischen Styles, so z. B. das Stiegenhaus des grossen
Thurmes, wo die Geschichten der S. Ludmilla und des S,
Wenceslaus nebst Engelfiguren u. dgl. m. gemalt sind (jetzt
sehr verblasst). In der Katharinenkapelle neben der Ilimmel-
fahrtskirche sind die Brustbilder Carls und seiner Gemahlin
9. (über der Thür) völlig übermalt. Endlich gehören dem
Italiener Thomas von Mutina das Altarwerk der Kreuz-