Prager
Schule.
Karlstein,
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im Durchschnitt. an edlerem, feinerem Formensinn; plumpe,
schwerfäillige Bildungen zeigen sich öfter als anderwärts in
den Gemälden des XIV. Jahrhunderts. Vielleicht tritt hierin
die Einwirkung einer vorhergehenden einheimisch czechischen
Malerei zu Tage, von welcher sonst beinahe kein Denkmal
bekannt ist. Indess zeigen auch manche Gestalten Theodo-
richs bei aller Schwere eine grosse und eigcnthümliche Würde
und Milde und im Einzelnen glückliche Anläufe zu einer
naturalistischen Auffassung; auch ist er erweislich einer der
Ersten gewesen, welche eine mehr oder Weniger durchgeführte
Modellirung erstrebten. Er gerieth dabei, wie diess bei neuen
Kunstrichtungen sich öfter zeigt, sogar in eine bedeutende
Üebertreibung, in das Unbestimmte, Geschwollene, Muskel-
lose. Andere Bilder seiner Hand, welche wenigstens zum 4.
Theil aus Karlstein stammen, zeigen seine Eigenthümlichkeit
in günstigerem Licht. So z. B. ein Altargemälde der stan-
dischen Gallerie zu Prag (XV, N0. 33) in zwei Abtheilungen:
oben die Madonna mit. dem Kinde, vor Welcher Carl IV. mit
seinem Sohn WVenceslaus kniet, zwei Heilige zu ihren Seiten;
unten der Prager Erzbischof Oczko von VVlassim und vier
böhmische Heilige neben ihm. Hier offenbart sich in den
jugendlichen Gesichtern jene Weichheit, die bereits an An-
muth grenzt; auch die Gewandung ist sehr weich gehalten.
In der Sammlung des Belvedere zu Wien befinden sich die
Halbfiguren zweier Kirchenlehrer"), in bischöiiichem Gewand,
vor ihren Schreibpulten stehend, die Köpfe von einer ge-
wissen grandiosen Würde, die Gewandung breit behandelt,
der Farbenton kräftig und klar. Von einer andern Hand, 5.
wahrscheinlich von Nicolaus Wurmser von Strass-
b urg, rühren in derselben Kreuzkapelle die grossen Fresken
an den tonnenartigen Üeberwölbungen der (ziemlich tiefen)
Fenster-mischen her, welche Scenen und einzelne Gestalten
des neuen Testamentes darstellen. In Linien, Modellirung
und Färbung zeigt sich hier ebenfalls die grösste Weichheit;
die massige Schwere des Theodorich erscheint sehr gemildert;
Passavant,