Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

250 
Buch II. 
Mittelalter. 
Der Norden. 
Gothischer Styl. 
Landex), Welches damals unter einem ebenfalls nicht ein- 
heimischen Fürstenhause, den Luxemburgern, seine höchste 
Blüthezeit erlebte. Besonders bestrebte sich der prachtliebende 
Carl IV, mit welchem das luxemburgische Haus den Kaiser- 
thron bestieg, seine böhmischen Residenzen mit Schmuck und 
Zierden aller Art auszustatten, und neben architektonischen 
und plastischen Unternehmungen auch der Malerei ein aus- 
gedehntes Feld, den Malern aber die möglichste Begünstigung 
2. einzuräumen. Vor allem kommt hier die Lieblingsschöpfung 
des phantastischen und gelehrten Fürsten, die 1348-1357 
erbaute Burg Karlsteinöa") in Betracht, welche nach seiner 
Absicht das Nationalheiligthum Böhmens, der Aufbewahrungs- 
ort der Reichskleinodien, der verehrtesten Reliquien, der wich- 
tigsten Schätze und Urkunden, und zugleich ein klösterliches 
Asyl für die kaiserliche Andacht werden sollte, wesshalb 
auch keine Frauen in der Burg wohnen durften. Die heilig- 
sten Räume erhielten eine überaus prachtvolle Ausstattung, 
namentlich die grosse Kreuzkalaelle im Thurm, bei welcher 
offenbar die poetischen Schilderungen des Tempels vom hei- 
ligen Gral als Vorbilder gedient haben, wie denn auch der 
Kaiser seine Burgritterschaft zu einer Art von Templeisen 
machte. Die untern Theile der Wände dieser Kapelle sind 
mit rohen Amethysten, Chrysolithen, Onyxen und andern 
3. Edelsteinen ausgelegt. Die obern Theile sind mit einer 
Täfelei bedeckt, die in eine grosse Anzahl viereckiger Felder 
eingetheilt und mit den Brustbildern heiliger und fürstlicher 
Personen, über 130 an der Zahl, von der Hand des Theo- 
dorich von Prag bemalt ist. Wenn diese grosse und 
wichtige Arbeit ein Bild des Schulcharakters der böhmischen 
Malerei liefert, so vertrat dieselbe nicht eben die höchste und 
schönste Gestaltung des gothischen Styles. Es mangelt hier 
i?) Die Satzungen ihrer Brüderschaft vom Jahre 1348 waren in 
deutscher Sprache abgefasst, wurden ebenso im Jahre 1380 durch 
König Wenzel bestätigt und erst 1430 ins Böhmische übersetzt. S. 
Passavant a. a. O. 
H) Vgl. "Beschreibung der k. k. Burg Karlstein", von F. Auge, 
3. AuH. von F. Jitschinsky, Prag 1841. Broschüre.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.