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Buch II.
Mittelalter. Der Norden.
Gothischer Styl.
symbolisches Ganzes gebildet haben mögen, gänzlich ver-
2. blieben. 4 In der Waldkapelle zu Kentheim an der Nagold
im Sehwarzwaldf) lassen sich an den Wänden und am Ge-
wölbe des Chores uralte, wahrscheinlich noch dem XIII;
Jahrhundert angehörende Fresken auf blauem Grunde erken-
nen: über dem Chorbogen eine Verkündigung, am Gewölbe
ein thronender Christus und die Zeichen der Evangelisten in
fünf Medaillons, an der Hinterwand wiederum Christus, mit
erhobener Rechten, neben ihm in Anbetung knieend rechts
Moses mit den Gesetztafeln, links Johannes der Täufer das
Agnus Dei darreichend; eine erhabene Allegorie des alten
und des neuen Testamentes. Die Gestalten sind zwar über-
mässig schlank, die Köpfe sehr gross gebildet, und Manches
ist unförmlich und steif ausgefallen, allein die Auffassung im
Ganzen ist nicht ohne Würde und Grösse, besonders in der
mächtigen Gestalt des auf dem Regenbogen thronenden Er-
lösers in weissem Gewande und rothem Mantel; als künftiger
Vfeltriehtel" erhebt er in strengem Ernste die Rechte segnend,
die Linke abwehrend; aus seinem Munde geht ein doppeltes
3. Schwert. Die kleine einsehiffige Kirche des heil. Vitus in
Mühlhausen am Neckar (unterhalb Canstatt), begonnen
im Jahre 1380, ist als eines der spätesten Beispiele einer
durchgängigen innern Bemalung Wichtig, was vielleicht damit
zusammenhängt, dass sie die Privatstiftung eines andächtigen
Edelmannes war, des Reinhart. von Mühlhausen, auf Welchen
wir noch zurückkommen werden. Die Wände des(ungewölb-
ten) Schiffes enthalten in einer dreifachen Reihe viercckiger
Felder oben alttestamentliehe, in der Mitte neutestamentliche,
unten (fast gänzlich zerstörte) legendarische Scenen; der Ch or-
bogen gegen das Schiff zwei betende Figuren und 12 Hei-
lige, gegen den Chor einen Christus als Weltriehter von
Engeln und Heiligen umgeben, weiter unten die Himmel-
fahrt der Frommen und die Verstossung der Verdammten;
ü) Ueber diese und die folgenden schwäbischen Malereien s. Grün-
eisen: Uebersichtliche Beschreibung älterer Werke der Malerei in
Schwaben, Kunstblatt 1840, N0. 96 u. f.