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Buch II.
Mittel alter.
Der Norden.
Gothischer Styl.
Seligen öffnet ein Engel die Pforten des Himmels, WO aber-
mals Christus auf dem Thron gebildet ist, in seinem Schoosse
zwölf gerettete Seelen; ein anderer Engel treibt die Vcr-
dammten mit geschwungenem Schwerte nach der Hölle, wo
Satan und seine Dämonen sie martern; weiterhin, indem die
Darstellung schon in das folgende Gewölbe übergreift, erlegt
der Erzengel Michael den Drachen. Da. nun das Ganze in
so viele besondere Seenen mit verschiedenen Standpunkten
zerfiel, als Gewölbekappen vorhanden waren, so konnte es
allerdings nicht den Eindruck machen, welchen eine zusam-
menhängende Composition hervorbringen würde, bietet aber
im Einzelnen" manches höchst Bedeutende. Die Innigkeit der
Flehenden oder Anbetenden, die YVürde des Weltrichters, die
Kraft des siegenden Erzengels ist vortrefflich gelungen; von
Wahrhaft furchtbarcm Aussehen aber ist der kolossale l-löllen-
fürst mit seinen gewaltigen, feuerrothen F lederniausüügeln
und scinem schrecklichen Antlitz. Hier wie in manchen ähn-
lichen Darstellungen des Mittelalters bestehen, beiläufig ge-
sagt, die Seligen meist aus Handwerkern und Landleuten,
die Verdammten aus vornehmen Frauen, Fürsten, Rittern
und Nonnen. Das zweite Gewölbe enthielt (mit Ausnahme
des schon erwähnten S. Michael) die Krönung der heil. Jung-
frau, musicirende Engel und (in den Seitenschififen) die hli.
Catharina und. Elisabeth. In dem darauf folgenden dritten
Gewölbe waren die Gemälde (ohne Zweifel bei einer spätem
Restauration) durch ein blaues Feld mit Sternen ersetzt; doch
lassen die Darstellungen in den Seitensehiffen Auferstehung
und Himmelfahrt etwa schliessen, dass Christus zur Rech-
ten Gottes sitzend u. a. Darstellungen der himmlischen Herr-
lichkeit einst diese Stelle eingenommen. Bei der Auferstehung
sitzt Christus segnend, in der Linken das Kreuzpanier, auf
dem Grabe, neben ihm Engel und heilige Frauen; bei der
Himmelfahrt umgeben den Oelberg die Apßstßl und Älaria
in schwebender Haltung. In den beiden anstossenden Neben-
chornischen waren (von neuerer Hand, doch wohl auf Grund-
lage des Aeltern) unterhalb einiger statuarisehen Heiligen-
bilder die Darstellungen der Passion, links die Kreuzigung