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Buch II. Mittelalter. DerNorden.
Gothischer Styl.
äös.
XIII. Jahrhunderts offenbar hinter den deutschen zurück,
allein die hohe Schönheit und relative Vollendung einer gan-
zen Reihe von Sculpturen an französischen Kathedralen seit
der Mitte des XII. Jahrhundcrts, welche mehr oder weniger
dem neuen Styl angehören, berechtigt doch zu einem ana-
logen Schlusse. Dahin gehören z, B. die altern Bildwerke
des Domes von Chartres, die vordern Sculpturen am Dom
von Amiens, die Reliefs an der Binnenmauer des Chores von
Notre Dame in Paris, und das ältere Nordportal der Rheim-
ser Kathedrale
Wir würden vielleicht Wandmalereien von entsprechen-
dem Werthe namhaft machen können und die Prioritätsfrage
hier wie in der Architektur zu Gunsten Frankreichs unzwei-
felhaft entscheiden müssen, wenn uns über die in den letzten
Jahren entdeckten anscheinend „sehr alten" Fresken in den
Domen von Auxerre und Autun, in den Abteien von Veze-
laty. und Charlieu, in St. Jean zu Poitiers, S. Cecile zu Albi,
Notre Dame in Puy, u. a. m. irgend genügende Nachrichten
3. vorlägen Mochte auch in den Kirchen gothischen Styles
die Grösse und der bunte Schmuck der Fenster den Wand-
malereien Platz und Licht schmälern, man fuhr gleichwohl
fort, jede irgend dazu geeignete Stelle der Wände, oft auch
die Gewölbe und hie und da selbst die als Pfeiler dienenden
mit
Säulenbündel
heiligen
Gestalten,
wenigstens
teppich-
mit
e) Für das wallonische Belgien gäbe das herrliche 'l'aufbecken von
St. Barthelemy in Lüttich, wenn es wirklich schon 1112 gearbeitet ist
(wofir gute Beweise vorliegen), einen sehr frühen Anhaltspunkt, indem
seine Reliefs, wenn nicht dem gothisehen, doch einem sonst kaum vor-
kommenden überaus reinen und edeln romanischen Styl angehören.
Vgl. Didron, Annales archäol. Juliheft 1846.
H) Man findet die eben gegebene Aufzählung in Didron: Annalos
archäologiqvavs, Septemberheft 1545, unter den Melanges. Zahlreiche
andere Werke mögen noch über ganz Frankreich zerstreut sein, aber
sie finden neben den Miniaturen und den Glasgemälden nicht die
gehörige Gunst und Berücksichtigung. Ausserdeln lässt Sich die fran-
zösische Kunstgelehrsamkeit bei Gegenständen des Mittelalters über-
haupt nieht gerne auf eine eindringliche Schilderung des Styles und
seiner Einzelheiten ein, so dass wir gerade hier eine empfindliche
Lücke finden.