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Mittelalter Der Norden.
Buch II.
Romanischer Styl.
ääe,
Üngleich bedeutender ist die Schrift des Theophilus
Presbyter: diversarum artium schedulaä"), welche trotz
ihres zweiten Titels: tractatus Lornbardicus doch ohne Zwei-
fel
einen
Deutschen
ZUIII
Verfasser
hat.
Nachdem
der
erste
Herausgeber, Lessing, denselben in dem berühmten Tutilo
von St. Gallen, also zu Ende des IX. Jahrhunderts aufzu-
finden glaubte, ist jetzt so viel als erwiesen, dass als Zeit
der Abfassung der Anfang des XIII. Jahrhunderts anzuneh-
men ist Das Ganze besteht aus Recepten zur Goldarbeit,
Seulptur und Malerei, wobei die Bereitung der Glasfarben
eine beträchtliche Stelle einnimmt. Was die Anwendung des
Oeles betrifft, so ist dieselbe nach den klaren Worten des
Theophilus für jene Zeit wenigstens bei Tafelbildern nicht
mehr zu läugnen; allein es verhält sich damit ungefähr wie
mit dem Spitzbogen; sowie dieser lange Zeit vorhanden war,
ehe ein Spitzbogenstyl entstand, so ist auch die Oelmalerei
an sich ohne weiteres Interesse, _s0 lange sie nicht den Far-
späterer Zusatz sein. Das letzte, über die Bemalung und Marmorirung
von Säulen, ist interessant für die Geschichte der Polychromie. Bekannt-
lich sind oder waren in einigen deutschen Kirchen des Uebergangsstyles
die Säulen marmorirt.
ü) Zuerst bei Lessing: Beiträge zur Geschichte und Literatur,
(Sechster Beitrag) Braunschweig 1'181, S. 291 u. f. stückweise nach
andern Handschriften bei Raspe a. a. O. Neueste Ausg. mit französ_
Uebersetzung vom Grafen D'Es calo p i er: Tlzäophiie, prötre et moi-ne,
Paris 1843, in 4. In einer Handschrift hat der Verf. den Beinamen
Rugerus, Die Hauptstellen über das Oel finden sich lib. I. cap. 18
und cap. 23; erstere bezieht sich ausdrücklich nur auf den einfachen
Anstrich; letztere gesteht, dass das Oel nur dann bequem zu brauchen
sei, wenn man es an der Sonne trocknen könne, sonst müsse man
immer lange warten, ehe man mit einer zweiten Farbe (z. B die Schatten)
hineinmalen dürfe. Wer rasch arbeiten wolle, der müsse sich statt
Oeles mit dem Saft des Kirschen- oder Pflaumenbaumes und mit Ei-
weiss begnügen. Vgl. auch cap. 25. Wahrscheinlich ist durchgängig
Leinöl gemeint. Receptbücher des spätern Mittelalters von ähnlichem
Inhalt kommen noch hie und da vor.
H) S. in Didrorfs ATZNIIZÖS av-chäologiques, Märzheft 18-16, einen
Aufsatz des Abbe Texier: t'w'fävrerz'e au mngjen-ayw, worin diese Zeit-
bestimmung durch den im Werke vorausgesetzten Gesammtzustand der
Kunst gerechtfertigt wird.