Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

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Buch II. Mittelalter. Der Norden. Romanischer Styl. 
6. Fertigkeit in dieser Gattung.  Noch ist ein Werk vom 
grössten Massstabe vorhanden, welches wenigstens beweist, 
an welche Aufgaben sich die damalige Stickerei bisweilen 
wagte: die sog. „Tapisserie de Bayeux" (in der dortigen 
Kunst- und Alterthumssammlung). Wahrscheinlich zur Ver- 
zierung eines Frieses bestimmt, bildet dieselbe ein Band von 
210 Fuss Länge und 19 Zoll Höhe, auf welchem die ganze 
Geschichte der Eroberung Englands durch die Normannen 
in vielen hundert Figuren mit erklärenden Beischriften dar- 
gestellt ist. Die Erzählung des Ereignisses geht mit aller 
erdenklichen Naivetät Schritt für Schritt wie ein Relief 
weiter; das Einzelne des Styles entspricht, so viel sich nach 
den kleinen Abbildungen de) urtheilen lässt, den abendländischen 
hliniaturen des XI. Jahrhunderts. Die Doppeleinfassung be- 
steht aus Zierrathen, Thieren und Vögeln, weiterhin nach der 
Schlacht von Hastings aus angelsächsischen Leichen, u. dgl. m. 
Als Urheberin des Werkes wird die Königin Mathilde, Ge- 
mahlin Wilhelms des Eroberers, (T1085) von andern die 
Kaiserin Mathilde, Tochter Heinrichs I. von England (nach 
1100) genannt. Jedenfalls gestattet uns dieses in seiner Art 
einzigeDenkmal einen Rückschluss auf andere Wandteppiche 
in Pallästen und Kirchen, welche wir uns hienach grossen- 
theils nicht bloss mit Ornamenten, sondern auch mit Figuren 
7. bedeckt vorstellen dürfen.  Von deutschen Arbeiten dieser 
verschiedenen Gattungen ist nicht mehr viel vorhanden. Als 
Beispiel des hohen Aufschwunges der Kunst zu Ende des 
XII. Jahrhunderts sind die Fragmente der gewirkten Teppiche 
wichtig, welche im Citer der Stiftskirche zu Quedlinburg 
aufbewahrt werden. Sie gehören der Regierungszeit der Aeb- 
tissin Agnes (um 1200) an, die dieselben eigenhändig mit 
ihren Jungfrauen, zur Ausschmückung der Chorwände jener 
Kirche, gewebt hat, und enthalten bildliche Darstellungen 
allegorischen Inhalts: die Hochzeit. des Mercur mit der Philo- 
logie (wiederum nach Marcianus Capella). Der Styl in der 
Zeichnung dieser Darstellungen ist verschieden (die Muster- 
a. bei D'Aginc0urt, Malerei, Taf. 
167.
	        
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