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Buch 11.
Mittelalter.
Der Norden.
Romanischer Styl.
Beischriften zum näheren Verständniss; doch ist insgemein
in den Gestalten der Heiligen, welche in der altchristlichen
Darstellungsweise behandelt sind, eine grossartige Würde
und Ruhe ersichtlich, so wie es auch nicht an eigenen Er-
findungen von überraschender Kühnheit und Bedeutsamkeit
fehlt. Unter diesen zeichnet sich namentlich die Darstellung
einer Superbia aus, einer weiblichen Gestalt in reichem
Schmuck, welche zu Ross auf einem Löwenfell sitzend, mit
weithinfliegenden Gewanden, ihre Lanze schwingt.
3- Eine eigenthümliche Schule der ltiiniaturmalerei scheint
sich zu dieser Zeit in den oberbairischen Klöstern gebildet
zu haben. Die Bilder, womit dieselbe ihre Handschriften
verzierte, bestehen im Wesentlichen nur aus Ißlederzeichnungen
(so jedoch, dass das Nackte von der G-ewandung, oder auch
die verschiedenen Theile der letztern, insgemein durch rothe
und schwarze Tinte unterschieden ist). In den Gestalten
selbst zeigt sich nur selten eine weitere Färbungf Während
die Gründe der Bilder überall mit Farben ausgefüllt und
mit anders gefärbten Rändern umgeben sind. Zu diesen
Werken gehört zunächst die, um die Zeit des Jahres 1200
geschriebene Handschrift der deutschen Aeneide des Heinrich
von Veldeck, welche, aus Baiern stammend, gegenwärtig in
der königl. Bibliothek zu Berlin aufbewahrt wird Die
Bilder derselben stellen, in zahlreicher Folge, die in dem
Gedicht erzählten Begebenheiten dar. Auch sie sind im All-
gemeinen durch die Sorgfalt, welche der Zeichner auf Costüme
u. dgl. verwandt hat, merkwürdig, stehen indess in Rücksicht
auf Formensinn und Wohlgestalt denen des hortus deliciarum
beträchtlich nach; ja sie erinnern in manchen wirklich krüppel-
haften Körperbildungen eben an die oben erwähnten Bam-
berger Handschriften. Doch erhalten diese Bilder durch einen
andern Umstand ein eigenthümliches Interesse in Bezug auf
die Entwicklungsgeschichte der deutschen Kunst. Es ent-
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S. die Abhandlung Kuglefs: „Die Bilderhandschrift der Eneidt
königl. Bibliothek zu Berlin." Museum 18336. N0. 36-38.