D eutsche
Miniaturen.
193
höhere, idealere Würde gerichteten Sinnes. In letzterem Be-
zuge sind es vornehmlich wiederum jene aus dem christlichen
Alterthum überlieferten Typen, welche dem künstlerischen
Gefühl diese edlere Richtung verzeichneten; hin und
wieder trifft man geradezu auf sehr rein und schön repro-
ducirte Gestalten altchristlicher Kunst. Allerdings dauern
daneben heftige, übertriebene Stellungen und Geberden fort,
indem der Maler jetzt seinen Gedanken um jeden Preis deut-
lich machen will. Die Thierfiguren sind, wo es getreue Dar-
stellung galt, oft mit einer treffenden Lebendigkeit entworfen,
welche die Jagdlust jener Zeit verräth; wo es dagegen, wie
bei Initialen, mehr auf ornamentistische Behandlung ankam,
ist in arabeskenhafter Combination derselben das Mögliche
geleistet. Die Initialen, welche die Hauptgelegenheit zu
solchem phantastischen Spiele darbieten, sind von besonderer
Grösse und verdrängen oft alle andern Darstellungen, indem
Figuren lind Geschichten darin eingeschlossen werden. In
den Hintergründen macht sich jetzt auf lange Zeit eine sehr
schöne und dauerhafte Vergoldung geltend.
Unter den hier zu erwähnenden Handschriften gebührt 2,
vielleicht die Krone dem prachtvollen „hortus deliciarum",
einer Sammlung von Auszügen aus Kirchenvätern, Kirchen-
schriftstellern u. a. Werken, welche in der spätern Zeit des
XII. Jahrhunderts in dem elsässischen Kloster Hohenburg
verfertigt wurde und sich gegenwärtig in der öffentlichen
Bibliothek zu Strassburg betindetü). Sie ist mit einer grossen
Anzahl .von Miniaturgemälden geschmückt, die zur Erklärung
des Textes dienen und theils heilige, theils allegorische Dar-
stellungen oder Scenen des Lebens enthalten. Letztere geben
hier vornehmlich Anlass, Costüme und Gebräuche der Zeit
in bunter Mannigfaltigkeit zu entwickeln. Im Allgemeinen
(und namentlich auch in den weitläufigen Allegorien) hat die
Auffassung zwar etwas Nüchternes und bedarf mannichfacher
Ch. M. Engelhardt: Hßffad
Hohenburg oder S. Odilicn im Elsass,
rum. Mit 12 Kupfertafeln in Folio.
Kugler Malerei I.
von Landsberg, Aebtissin von
und ihr Werk: Hortus ziellcia-
13