Miniaturen
nach
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Gestalten, sowie durch geschickte Zeichnung und Farben-
harmonie auszeichnen. Der Hintergrund ist hier oft schach;
brettartig, z. B. mit Gold und Silber colorirt, eine Ver-
zierung, die von da an öfter wiederkehrt, während etwas
früher, in den byzantisirenden Bildern der Ottonenzeit eine
Art von Teppichgrund vorherrsehte. Nahe mit diesen
deutschen Arbeiten verwandt erscheint ein aus den Nieder-
landen stammender Codex derselben Bibliothek, welcher
S. Gregors Commentar zum Buch Hiob enthält. Geistige
Affekte sind hier sprechend und mannigfaltig durch die Ge-
berden ausgedrückt; in den Gesichtern zeigt sich hie und
da Ausdruck, in denjenigen der YVidersacher sogar Carricatur.
Englische Bliniaturen dieser Periode sind, wie schon be-
merkt, noch durchweg roh und barbarisch; französische aus
der ersten Hälfte des XI. Jahrhunderts kaum besser. Die
kaiserliche Bibliothek von Paris besitzt von dieser Gattung
ein Missale aus S. Denis, ein anderes in klein Folio, und
zwei Bibeln, deren eine, in 4 Folianten, vielleicht den aller-
tiefsten Verfall und die äusserste Barbarei bezeichnet; in un-
ordentlichem Fedcrgekritzel sind die Figuren ohne alle Ver-
hältnisse, bald lang bald kurz hingeworfen und bloss roh
illulninirt. Eine Apokalypse sammt dein Propheten Daniel,
welche zu Anfang des XII. Jahrhunderts wahrscheinlich in
der Gegend von Bordeaux verfertigt ist, zeichnet sich durch
eine Reihe überaus phantastischer Darstellungen aus; man
sieht z. B. Babylon zum Vorzeichen baldigen Ünterganges
von zwei ungehcuern bunten Schlangen umgeben, die zu-
gleich eine reich verschlungene Randverzierung bilden, u.
dgl. m. Die Ausführung ist auch hier roher als in den
gleichzeitigen deutschen WVerken.
ä. Öl. Nach der Mitte des XII. Jahrhunderts offenbart
sich in der Malerei ein Aufschwung, über welchen, wie wir
oben angedeutet, bei der geringen Anzahl und fragmenta-
rischen Beschaffenheit der anderweitigen Üeberreste Wieder-
um nur die Miniaturen nähern Aufschluss geben. Nach einer
langen Zeit kaum merklichen Fortschrittes seit dem X. Jahr-
hundert eilte damals das Mittelalter binnen weniger Jahr-