Deutsche Miniaturen.
Erste Hälfte des XII. Jahrh.
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in denen es vornehmlich auf naturgemässe Auffassung ankam,
dürften für die Kunstgeschichte, falls die Handschrift noch
erhalten ist, von Interesse sein. Von roher Arbeit sind die 3,
gleichzeitigen Bilder eines Gebetbuches und eines Sacramen-
tariums in der königl. Bibliothek zu Paris i). Für das Sinken
der Kunst in der ersten und deren Aufschwung in der zwei-
ten Iliilfte des XII. Jahrhunderts legen dort der Psalter des
Notker Labeo (St. Gallen) hier ein Manuscript (aus Salz-
burg) in München und ein Psalterium der Hamburger Stadt-
bibliothek Zengniss ab H).
Im XII. Jahrhundert mehren sich die mit solchem 4-
Schrnucke versehenen Handschriften in sehr bedeutender Weise.
In einigen ist die Behandlung der Bilder flüchtiger, die Auf-
fassung mehr kümmerlieh und ohne sonderlichen Geist; in
andern tragen die Gestalten trotz der strengen Stylisirung,
das Gepräge einer stillen, ernsten WVürde. In einigen sieht
man mehr Federzeichnungen und nur einzelne Theile der
Darstellung leicht mit Farben ausgefüllt; in andern eine sorg-
fältig durchgeführte Malerei und das Bestreben, die Gestalten
durch Schatten und Licht zu runden und aus der Fläche zu
erheben. Die Mehrzahl dieser Bilder, wie namentlich die in
den Evangeliarien befindlichen, enthalten im Wesentlichen
nur einzelne Gestalten von Heiligen und ausserdem nur einen
mehr oder minder reichen Schmuck verschiedenartigen Orna-
mentes; bei vielen andern fehlt es jedoch auch nicht an Dar-
stellungen mannigfaltiger und eigenthümlicher Art, und
namentlich tritt hier wieder, in mehr oder minder bedeut-
Samen Allegorien und symbolischen Bezügen, die innere
geistige Thätigkeit der Künstler hervor. Sehr interessante 5.
Beispiele für dieses Element der künstlerischen Symbolik ent-
hält ein prachtvolles Evangelienbuch in der Hofbibliothek
zu München, aus dem Kloster Niedermünster zu Regensburg
4') Vgl. Waagen, a. a. Ü. III, S. 268 u. HÄ, bes. S. 276. Üeber
bayerische Handschriften aus der zweiten Hälfte des XI. Jahrhunderts,
aber noch im ältern Styl gehalten. Derselbe D. Kstblatt m50. S. 129.
m") Waagen im D. Kstbl. 1850. S. 1-18.