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Buch II.
Mittelalter.
Der Norden.
Romanischer Styl.
ben scheint. (Wahrscheinlich war man inne geworden, dass
dieser sich zu leicht oxydirte, was z. B. bei dem wenigen
Gold, welches für Nimben und Kleidersäume angewandt wer-
den musste, fast durchgängig zu bemerken ist.) Später, viel-
leicht um ein Jahrhundert, sind die Malereien im Schiff der
Kirche zwischen den Fenstern und im Langchor ausgeführt.
Sie stellen die Propheten, den Salomo mit der Königin von
Saba und den David mit der Ecclesia dar, die vier letztern
in Halbfiguren. Es sind ernste, würdevolle Gestalten, mit
Nimben, in hiänteln und langen Untergewiindern von viel-
fach abwechselnden Motiven, zum Theil in schreitender Be-
wegung; bei Daniel ist die phrygische Tracht, welche ihm die
urchristliche Kunst gegeben, in eine ähnliche mittelalterliche
umgestaltet. Die Umrisse sind noch scharf und bestimmt,
die Schattengebung nur massig, der Hintergrund licht; wie
bei den meisten Fresken jener Zeit (wenn man das Wort ge-
statten will) ist die Malerei in Wasserfarben ausgeführt
ob mit einem Leimzusatz und ob auf die nasse oder die
8. trockene Mauer, wird kaum zu entscheiden sein. Der
zweiten Hälfte des XII. Jzthrhunderts mag die grosse Ma-
donna angehören, welche im Kloster Neuwerk zu Goslar die
Halbkuppel der Chornische einnimmt. In einem Regenbogen,
umschwebt von sieben Tauben, welche die Gaben des heil.
Geistes andeuten, sitzt die heil. Jungfrau mit Krone und
Schleier auf dem Thron und hält das segnende Kind, welches
durchaus bekleidet ist, auf ihrem Schoosse; die Farben sind
licht und hell, die Gewänder fein und bestimmt gefaltet und
gesäumt, der Kopf der Madonna nicht ohne Würde. (Eine
vorsichtige Restauration dieser Kirche würde noch viele
9. andere Fresken zu Tage fördern können.) An dem über-
tünchten Gewölbe der Crypta der Stiftskirche zu Quedlin-
burg, über dem zerbrochenen Grabe König Heinrichs 1.,
schimmern noch die alten Malereien hervor, und an einigen
Stellen, WO die Tünche abgefallen ist, sieht man die Unter-
zeichnung, die in einem reinen, tüchtigen und Verhältniss-
mäSSig edlen Style ausgeführt ist. Allerdings darf man hier
wie in all diesen Wand- und Deckenbildern noch keine indi-