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Buch II.
Mittelalter.
Der Norden.
Romanischer Styl. 48. 49.
Gewandmotiven ist die antike Tradition durch den neuen,
allerdings manierirten Styl hindurch noch deutlich sichtbar;
die Köpfe (zumal in den vermuthlich spätern Theilen) zeigen
einen Anfang individuellen Lebens und einen sehr ausge-
sprochenen französischen Nationaltypus. Der Schritt hat
etwas zierlich Täinzelndes; die Verhältnisse sind meist etwas
lang. Wahrscheinlich wurden die Figuren zuerst nackt ge-
zeichnet und dann erst die Gewänder darübergemalt, wenig-
stens schliessen sich diese genau den Körperformen an.
6. England, Welches schon längere Zeit nord-französischen
Einflüssen offen gestanden, nahm mit der Herrschaft der
Normannen auch deren Baukunst und Wohl auch ihre Malerei
bei sich auf. Noch kurz vor der Eroberung hatte Erzbischof
Aldred von York die Decke seines Domes ausmalen lassen;
jetzt verzierte der berühmte Lanfrane im Dom von Canter-
bury die Wände mit Teppichen und die Decke mit Gemäl-
den, „welche durch leuchtende Farben und Schönheit der
Formen die Gemüther bezauberten"; sein Nachfolger Anselm
fügte die Bemalung des "hölzernen Himmels", d. h. der Decke
7. über dem Chorraum hinzu. In Brüssel waren bis vor kur-
zer Zeit noch die WTandgemälde der unterirdischen Kapelle
von St. Gregon vorhanden, Welche vor dem Jahre 1000 ge-
malt waren und in sehr roher Weise die fünfzehn My-
sterien der Passion vorstellten.
1. ä. 49. Auch die deutschen Arbeiten jener Zeit mögen
nicht minder glanzvoll und zahlreich gewesen sein als im
IX. und X. Jahrhundert. Um 1066 liess der heilige Hanne
zu St. Gereon in Köln eine Reihe von kölnischen Erz-
bischöfen an die Wand malen; unter Bischof Offo von
Merseburg Wurden 1070 im dortigen Dom die Mauern der
Sakristei, und dreissig Jahre später unter Bischof Albuin
Wände und Decke des Chores mit Legenden und biblischen
JGeschichten geschmückt; gleichzeitig werden die Bischöfe
Burcard von Halberstadt und S. Otto von Bamberg als Stif-
2- ter glanzvoller Wandmalereien genannt. In Benediktbeuern
mögen im XI. Jahrhundert die grossen Kirchenfresken aus-
geführt worden sein, von welchen uns noch ein Verzeichniss