Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

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Buch II. 
Mittelalter. Der Norden. 
Byzant. 
Einfluss. 
finden; die Gestalten sind auf eine unglückselige Weise ver- 
zwickt und vcrkrüppelt; es herrscht in der Führung der 
Linien eine Willkür, in der Formenbiltlting eine Schwülstig- 
keit, welche in hohem Grade auffallen. Auch die Farben- 
behandlung ist anders; das saftig Pastose derselben ver- 
schvtiindet und es tritt statt dessen jener trocknere Auftrag, 
wie er fortan in der eigentlichen Biliniztturmalerei bleibt, an 
dessen Stelle; aber es zeigt sich in diesem zugleich die 
feinste, sauberste Ausführung, die sorgliiltigste Beendung, die 
ebenfalls mit der Unsicherheit des Pinsels in den karolingi- 
sehen Arbeiten aufs Entschiedenste, und diessmal zum Vor- 
theil der in Rede stehenden Werke, contrastirt. Ueber- 
raschender noch, als diese Zierlichkeit in der Behandlung, ist 
das eigcnthümliche, ich möchte sagen: phantasmzigorische 
Spiel in den Farben, welches sich vornehmlich in den Grün- 
den dieser Bilder zeigt; hier wechseln, hinter den dargestell- 
ten Figuren, Streifen zarter, gebrochener Farben mit einander 
ab, Welche in schönem harmonischem Verhiiltniss zu einander 
stehen und auf das Auge einen ganz eigenen Reiz hervor- 
bringen. Neben diesen technischen hlängeln und Vorzügen 
ist endlich noch anzuführen, dass im Einzelnen zugleich man- 
nigfach geistreiche Gedanken, dem kindlichen Stande der 
Kunst gemäss in symbolischer Verkörperung  dass sogar 
trotz der. oben erwähnten mangelhaften Zeichnung, bedeut- 
same Intentionen in Stellung und Geberde sichtbar werden, 
 Das Fremdartige dieses Styles erweckt die Vorstellung 
eines ausländischen Einflusses, der sich bei näherer Betrach- 
tung allerdings als ein byzantinischer erweist. Nur würde 
man denselben vergebens in der Auffassung, in der Compo- 
sition und in der Bildung des Einzelnen suchen, denn diess 
Alles lässt sich noch aus dem bisherigen nordischen Styl ab- 
leiten. Das Eigenthümliehe dieser Werke liegt vielmehr 
darin, dass hier mit einer zu einem sehr hohen Grade ge- 
steigerten Verwilderung der Form eine von aussen kommende 
schematische Behandlungsweise und eine äusserst sorgfältige 
Technik zusammentreffen, welche die Willkür und Rchheit 
der Darstellung erst recht zur Erscheinung bringen. Und
	        
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