164 Buch II. Mittelalter. Der Norden. Nachwirkg. d.Antike. ä.
barbarische Willkür der einheimischen Kunst; auch deutet
in den Arbeiten des Johannes die düstre Färbung, welche
der Biograph Balderichs (schrieb 1048) einem frühen Nach-
dunkeln beimisst, auf das byzantinische Colorit hin; ein Ein-
fluss, von welchem unten im Zusammenhange die Rede sein
10.wird Selbst. in England, wo noch im VIII. Jahrhundert
die Wände der Kirchen meist weiss geblieben waren, zeigte
sich unter Alfred dem Grossen (871-901) ein bedeutender
.Aufschwmig, auch in der Miniaturrnalerei. Hundert Jahre
später War der heil. Dunstan als Bdaler berühmt.
1. 44. VVir können nach dem Obigen kühnlich annehmen,
dass die Zeit von Carl dem Grossen bis ins XI. Jahrhundert
in Betreff der Masse malerischer Productionen so fruchtbar
gewesen ist als irgend eine andere, und wenn wir nicht noch
mehr Nachrichten hierüber vorfinden, so liegt die Schuld an
den Chronisten und Biographen jener Zeit, welche neben den
grossen goldenen Altartafeln, den mit Edelsteinen besetzten
Messkelchen und Patenen, den ungeheuern silbernen Kron-
leuchtern und all dem übrigen unglaublichen Schmuck da-
maliger Kirchen es kaum noch der Mühe werth fanden, von
den Wvandgemälden zu sprechen. Diese Productionskraft
wird noch auffallender, wenn man sieht, dass oft Baumeister,
llletallgiesser und Maler eine und dieselbe Person waren,
Während doch in jedem einzelnen Zweige so quantitativ Be-
deutendes geleistet wurde. Gewiss waren die bedeutendem
Kirchen in der Regel durchaus mit Fresken, hie und da,
auch noch mit Mosaiken bedeckt.
Den Gesammteindruclä einer solchen Decoration darf man
sich bei einem so verwilderten Styl oft als ziemlich wüst und
'16) Vorstehende Notizen sind theilweise aus Fiorillo (a. a. O. bes.
I., S. 4741,70, 7s, 91, 111, 17a u. f, 1s7, 284, 294, 463 etc, und 11.,
7, 13, 20, 88, 109. 157 etc.) und aus Emeric-Davicl (bist. de la, pein-
ture, S. 69 u. f, 80 u. f.) entnommen. Die E6556 VOR Wandmalereien,
welche man an den Pfeilern der ehemaligen Klosterkirche zu Mem-
leben an der Unstrut sieht, sind längere Zeit ebenfalls dein IX. oder
X. Jahrh. zugeschrieben worden, gehören aber aus Gründen des Styles
frühestens in das XIII. Jahrhundert.