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Buch II. Mittelalter. Der Norden. Nachwirkg. d. Antike.
seines Domes die Gestalten von Engeln undtHeiligen an;
Heribald, Bischof von Auxerre, liess den Dom und die
Marienkirche seiner Residenz durchgängig mit Gemälden
schmücken, sein Nachfolger Gaudericus (X. Jahrh.) ebenso
die Decke von S. Eugenia; von dessen Nachfolger Guido
rührte die Darstellung der Höllenstrafen und der Paradieses-
freude im Dom her; Bischof Gerhard liess in Toul den Dom
ausmalen; im Kloster St. F lorent zu Saumur waren im X.
Jahrhundert fast die sämrntlichen wichtigem Räume mit Fi-
garen bedeckt; in Chalons s. M. Wurden schon 999 die
altern, verbliebenen Fresken einer Kirche mit neuen über-
Inalt; im erzbischöflichen Pallast zu Rheims prangten die
Decken mit Gemälden. Nicht minder massenhaft trat die
Wandmalerei während des IX. und X. Jahrhunderts in
Deutschland auf, WO die grössern Stifte und Klöster ebenso
viele, zum Theil sehr thätige Kunstschulen waren. Der Neu-
bau des Klosters St. Gallen um die Mitte des IX. Jahr-
hunderts wurde von Reichenauer Mönchen ausgemalt; bis
872 war nicht nur die Chornische, sondern auch sämmtliche
WVände derselben von oben bis unten mit Gemälden auf Gold-
grund geschmückt, und ein Jahrhundert später selbst die
Decke, die Thüren, und die im Kreis gebaute Vorhalle. In
und für St. Gallen arbeitete zur Zeit Oarls des Dicken der
berühmte Tutilo, in welchem eine gewaltige Athletennatur
mit der allseitigsten Kunstbegabung vereinigt war. Poesie,
Beredsamkeit und Musik standen ihm nicht minder zu Ge-
bote als Baukunst, Metallarbeit und Malerei; mit Einwilligung
der Aebte seines Klosters hatte er weite Rundreisen in diesen
Zwecken gemacht und sich die ganze Kunstbildung seiner
Zeit angeeignet. Wie St. Gallen blieb auch das benach-
barte Kloster Reichenau im Bodensee für die nächstfolgenden
Jahrhunderte ein Hort der Kunst. Aus dem Jahre 912 haben
wir hier den Namen des Malers Hademar, von welchem noch
Einiges bis in's vorige Jahrhundert erhalten gewesen sein
soll; die Hauptblüthe aber folgte erst unter Qtto IIL, als
der kunstliebende Abt vVitigoxvo u. a. an den Wänden des
Ilauptkreuzganges das Leben der Altväter und die Gestalten