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Buch I.
Christl. Alterthum.
Byzantinischer Styl.
votion in dem Fremdartigen und Grauenhaften gerne einen
Gegenstand ihrer Verehrung finden. Ein echt byzantinisches
oder auch nur in diesem Styl gemaltes Muttergottesbild mit
dunklem Gesicht und starrem Goldgewande wird überall am
leichtesten zum Ruf eines Vvunderbildes gelangen, Während
eine vollendete Kunstsehöpfung es höchst selten dahin bringt.
In denjenigen Gegenden Italiens, wo Byzanz am längsten
geherrscht hatte, dauerte sogar neben einer völlig entwickel-
ten Malerei noeh eine starr byzantinische für die Volksan-
dacht fort; in Venedig gab es bis in's vorige Jahrhundert
Heiligenmaler dieser Richtung, und in Neapel lässt sich der
Limonadenverkäufer bis zu dieser Stunde keine andere als
eine byzantinische Madonna mit oliveng-rünem Teint und ver-
schleiertem Haupt in den Giebel seiner Bude malen. Hier
stehen wir auf einem Boden, zu welchem Tizian und Ribera
in ihrer Wirksamkeit noch nicht durchgedrungen sind._
a) Das Museum von Berlin besitzt u. a. eine Pietä. aus dem XVI.
Jahrhundert, welche nach einem Bilde des Giov. Bellini in die byzan-
tinische Malweise übersetzt ist u. dgl. m.