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Buch I.
Christl.
Alterthurn.
Byzantinischer Styl.
Jahrhunderte, nicht ohne erneute Einwirkungen von dem ab-
sterbenden oströmischen Reiche aus, werden Formen und
Farben roher und empfindungsloser, bis endlich auch der
letzte Rest von Leben daraus gewichen ist. In die neuem
russischen Heiligenbilder hat sich etwas abendländische Technik
hineinverirrt, die mit der versteinerten Gesammtform auf das
Wunder-liebste contrastirt. WVeit durfte man darin nicht
gehen, denn die Privatfrönimigkeit. wie das Staatsgesetz ä")
verlangte strenges Festhalten an der hergebrachten Dar-
stellungsweise, und diese strebt entschieden nach dem Düstcrn
und Trüben; sie liebt eine dunkelbraune Färbung, längliche
Köpfe, mumienhafte Hände und dabei eine grellbunte Ge-
wandung, wenn sie es nicht verzieht, ein reliefartig gearbeite-
tes Kleid von getriebenem Gold oder Silber darüber zu
hängen, wenigstens an den Festtagen. Der Eindruck wird
dadurch Wahrhaft gespenstisch, indem das Gewand plastische
Ansprüche macht, während die dunkel gefärbten Körpertheile
schon aus dogmatischer Scheu vor der plastischen Darstellung
der Menschengestalt flach bleiben müssen; aber eben diess
Schauerliche wirkt auf den sinnlichen Menschen und entspricht
seinen Begriffen von der hlajestät Gottes und der Heiligen.
Diese Sinnesweise hängt hier wie in Byzanz enge damit zu-
sammen, dass die Künstler meist Mönche und Nonnen und
dass die meisten Klöster Bilderfabriken sind, in welchen ganz
maschinenmässig gearbeitet wird. Wie in der byzantinischen
Kunst die Durchzeichnung, so ist hier die Schablone das
wichtigste Werkzeug.
ä. 35. Es bleibt uns noch übrig, auf die spätern und
jetzigen Schicksale der byzantinischen Kunst in Kürze hin-
zuweisen. Von einem so entsetzlich unglücklichen Volke wie
die Griechen früher unter türkischer Herrschaft waren, wird
Niemand eine höhere Kunstübung verlangen; Wurden doch
wenigstens ein Jahrhundert hindurch alle Griechenknaben,
ü) Im Jahre 1551 erging ein grossfxirstlicher Befehl, dass alle Hei-
ligenbilder so gemalt werden sollten wie die des Andreas Rublew, eines
Mönches vom Ende des XIV. Jahrhunderts.