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Buch I.
Christl. Alterthum.
Byzantinischer Styl.
dürfen wir uns um so eher kurz fassen, da eine Anzahl vor-
treiflicher Beschreibungen und genügender Abbildungen i)
derselben vorhanden ist, auf Welche wir verweisen können,
ganz besonders aber weil die besten Miniaturen der byzan-
tinischen Zeit nicht dem byzantinischen Style angehören,
sondern Copien älterer, spätröniischer Werke sind und als
solche theilweise schon oben besprochen wurden.
2. So sind z. B. die berühmtesten Codices der kaiserlichen
Bibliothek zu Paris aus der Zeit der maeedonisehen Kaiser
Nachbildungen und Copien von Arbeiten der besten römisch-
christlichen Zeit. Die wichtigsten und schönsten Miniaturen,
47 an der Zahl, enthält ein Codex der Predigten des heil.
Grego r von Nazianz; hier sind die Martyrien, die kaiser-
lichen Personen u. a. der spätern Zeit. angehörige Dar-
stellungen im Styl des IX." Jahrhunderts gebildet, während
die übrigen herrliche Erfindungen des V., spätestens VI. J ahr-
hunderts wiederholen, von der Weltschöpfung bis zur Zeit--
3- geschichte Gregors. Noch interessanter durch zahlreiche-
antike Personiticationen von abstracten und N aturgegenständen
ist ein Psalterium des IX. Jahrhunderts; ja „in keiner"
andern griechischen Handschrift hat sich die antike Auf-
fassungsweise so rein erhalten alsin dieserß") Da lehnt
an die Schulter des jugendlich schönen David mit der Lyra
die vlillelodie", ein hehres Weib; seitwärts liegt das "Ge-
birge" als bekränzter Mann mit grünem Gewande; WO David
den Löwen tödtet, treibt ihn die „Stärke", eine jugendliche
Weibliche Gestalt, zur Tapferkeit an; bei seiner Salbung
w) Vgl. hauptsächlich: Waagen Kunstwerke und Künstler in
Paris, S. 201 u. E. und die betreffenden Blätter in D'Aginc0urt,
Geschichte der Malerei, worunter Vieles nach Durehzeichnungen.
H) Waagen, von welchem wir diese Worte entlehnen, erklärt
zwar nicht ausdrücklich, dass diese Miniaturen Copien eines ältern
Werkes seien, allein er gesteht ihnen "in Motiven, Formen, Costüm
und Faltenwurf ein durchaus antikes Ansehen" zu, und bemerkt, dass
„die Technik, obschon nach antiker Art breit und pastos, mit der Er-
findung keinesweges auf gleicher Höhe stehe." Auch giebt er wenig-
stens für die schöne Composition des Jesaias "ein sehr altes Urbild" zu.