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Mosaiken.
Marco
in
Venedig.
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selbst das reiche Venedig sechs Jahrhunderte hindurch daran
stückeln musste. Alle Style welche je daselbst geherrscht,
bis auf die letzten Manieristen der Schule Tintorettois, haben
sich an diesem Denkmal verewigt. Der Gesammtcindruok
hat etwas Trübes und Schweres; man wird bisweilen an die
abergläubische Devotion des Seemanns erinnert, welcher
durch ein möglichst kostbares Ex voto sich den Himmel zum
Freunde in der Gefahr machen will und für die kurzen Rast-
tage im heimischen Hafen die glanzendste Pracht der Welt
um sich zu haben verlangt, ohne es mit der höhern Schön-
heit genau zu nehmen. Jedenfalls aber gewinnen wir nur
hier eine Vorstellung von der Mosaikverschwventlung in den
Prunkgebäutlen des alten Konstantinopel.
Ein folgerecht durchgeführter Gesammtgedanke in der 4.
Anordnung lasst sich schon desshalb schwer erkennen, weil
man sich in den verschiedenen Epochen, selbst wenn er vor-
handen war, nicht daran gebunden hat, zumal seit den Zeiten
Tizian's; überdiess sprechen auch die ältesten Theile nicht
dafür, wenn sich auch gewisse Gruppen und Massen als zu-
sammengehörig kund geben. In den fünf halbrunden Wand-
nischen der Vorderseite ist (gleichsam als Einleitung) die
Geschichte der Translation der heiiigen Leiche, in der mitt-
lern ein Weltgericht abgebildet, dann in den fünf halbrunden
Abschlüssen der Obermaucr die Geschichte Christi, allerdings
fast lauter moderne Arbeiten, die aber die Stelle von altern
vertreten. Die Vorhalle, welche das Gebäude von drei Seiten
umgiebt, enthält (wie an den gothischen Kirchen oft die Por-
tale) die Geschichten des alten Bundes von der Schöpfung
bis auf Moses (ausgezeichnete Werke vom Anfang des XILL
Jahrhunderts, Welche wir unten zu betrachten haben), dann
in den zu einer Kapelle und einem Baptisterium umgeschaffe-
nen Theilen die Geschichte des heiligen Marcus und eine
Menge von symbolisch sehr bedeutenden Darstellungen in
Beziehung auf die Taufe. Das Innere bildet bekanntlich ein
Kreuz mit fünf Kuppeln, welche auf je vier breiten, gewal-
tigen Bogen ruhen, so dass je zwei von diesen eine Art
Nebenschilfe bilden; Saulenreihen mit scheinbaren Galerien
in der halben Höhe der Kirche trennen sie von dem kreuz-