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Buch I.
Christ]. Altcrthum.
Byzantinisches-r Styl.
gross ist, so mussten bei einer solchen Masse von Darstel-
lungen die einzelnen Figuren ziemlich klein ausfallen und
wegen der schon sehr weit gediehenen Rohheit in der Aus-
fiihrung ein barbarisehes Ansehen gewinnen. Die lälalten sind
nur noch dunkle Striche, die Gesichter bestehen meist aus
drei groben Linien Üeberhaupt, sucht die damalige byzan-
tinische Kunst ihr Heil in dem Vielen, in der Menge der
Figuren und vermeidet mehr und mehr jene einzelnen K0-
lossalgestalten, die sie doch weder mit geistigem Inhalt zu
beleben noch mit Realität auszufüllen im Stande war. Aber
ihre starren, parallel stehenden kleinern Figuren sind um
ihrer Unzahligkeit Willen nicht besser und machen allmälig
s, einen Eindruck von auseinanderfallenden Atomen. Vollends
barbarisch sind die gleichzeitigen Mosaiken jener kleinen Sei-
tenkapelle, welche von ihrer Pracht den Namen des „Para-
diesgartens" erhalten hat. Die Thür ist mit einer Doppel--
reihe von lNIedaillons in Mosaik eingefasst, deren Brustbilder
rohen Carricaturen gleich sehen. Im Innern sind an den
Wänden allerlei heilige Personen und Symbole dargestellt,
ohne besondern Zusammenhang des Gedankens; merkwürdig
ist nur eine Darstellung Christi unter dem Bilde eines Lam-
mes mit vier Hirschen, welchen weiter unten vier Brustbilder
entsprechen. Am Kreuzgewölbe erblickt man ein Brustbild
Christi, von vier Engeln getragen, welche empiindungslos
genug über den Gewölbekanten eiitzweigebrochen sind.
7. Gleichzeitig entstanden die Mosaiken von S. Ceeilia in
Trastevere, welche in der Ueberfüllung und in der Rohheit
und Erstorbenheit des Styles den eben besprochenen so ziem-
lieh gleich stehen. In der Nische sehen wir wiederum Chri-
stus mit fünf Inleiligen, dem Papst Paschalis und zwei Palm-
bäumen, diessmal noch auf blauem Grunde mit bunten Wölk-
chen. Die dreizehn Lämmer, welche sonst als Friesbild die
halbrunde Untermauer der Nische mit der Halbkuppel wohl-
ß) Vgl. Rumohr, Ttal. Forschungen 1., S. 239 u. f., wo der Styl
dieser römischen Mosaiken des IX. Jahrhunderts zuerst mit einiger
Genauigkeit erörtert wird. Ueber andere Ueberreste zweifelhaften Alters
in S. Prassede s. ebenda S. 246 und Bd. 11., Vorrede, S. VIII.