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Buch I.
Christl. Alterthum.
Byzantinischer Styl.
sinnlosen Falten (d. h. blaugrauen Strichen) umzogen, sich
nur noch obenhin an die Körperformen anschliessen. An
den Wandilächen neben der Nische folgen dann jene berühm-
ten kirchlich-politischen Tendenzbilder, welche eine ungleich
grössere historische Ahnung enthalten, als alle Ceremonien-
bilder des Kaiserpallastes von Constantinopel. Links sieht
man einen throncnden Christus, welcher dem vor ihm knieen-
den heil. Sylvester die Schlüssel, dem grossen Constantin
eine Fahne reicht, rechts einen thronenden S. Petrus,
Welcher Papst Leo III. eine Stola, Karl dem Grossen aber
eine Fahne giebt, gleichsam als Zeichen der Belehnung. In
den beiden letztgenannten knieenden Personen, welche zwar
im Profil, aber vorwärts bliekend gebildet sind, ist unläugbar
eine Porträtähnlichkeit erstrebt, nur ist Karl der Grosse
,3_ darüber zur Carricatur geworden. Alls (lerßelben Zeit.
stammt das Mosaik über der Altarnische von SS. Nereo e d
Achilleo , unterhalb der Thermen Caracalla's. Die Figuren
sind klein, in der Ausführung gering und stark ergänzt, aber
durch ihre Bedeutung merkwürdig. Seit jenen Darstellungen
der Geschichte Christi am Triumphbogen von S. Maria
Maggiore fanden wir die obere Nischenwand oder den
Triumphbogen fast ohne Ausnahme mit apokalyptischen Sce-
nen und mit den Symbolen der Evangelisten bedeckt; hier
dagegen besteht die Ausschmückting dieser Oberwand wie-
derum aus historischen Bildern: in der Mitte der verklärte
Christus zwischen Moses und Elias, zu beiden Seiten die hh.
N ereus und Achilleus knieend, dann weiter links die Verkün-
digung, rechts Maria mit dem Kinde, von einem Engel be-
gleitet, Die auf Leo III. folgende Regierung des Papstes
Paschalis I. (8l7_824) War trotz ihrer kurzen Dauer reich
an Mosaikwerken, ohne Zweifel weil die jetzt sicher geord-
neten Zustände der römischen Kirche zu neuer Kunstthätig-
keit aufforderten. Allein zu einem Wahrheiten Aufschwung
war die Zeit nicht mehr angethan, und Wie die damals schein-
bar sehr blühende Kunst des karolingischen Frankenreiches
(wovon unten) nur ein verspäteter Nachklang der Antike war,
so erblicken wir in den römischen Werken jener Epoche nur