Mosaiken.
Rom.
S. Agnese bei
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Mitteltöne bleiben allmälig aus (in den Gewändern scheint
ein solcher später hineingemalt), die Glasstücke werden grösser
und reihen sich nicht mehr genau aneinander. Bedenklicher
noch als diese Rohheit ist die innere Empiindungslosigkeit,
die sich in den drei Gestalten kund giebt, diese graden Fal-
ten, die nur durch dunkle Streifen dargestellt sind, diese
steifen, leblosen Stellungen, diess starre byzantinische Pracht-
gewand der Heiligen. Die schon sehr convent.ionellcn Köpfe
bestehen aus Wenigen Strichen, die rothen Wangen der heil.
Agnes sind plumpe Tupfen. Der Boden ist zwar unter den
Füssen der Figuren noch nicht ganz verschwunden, aber auf
ein Minimum beschränkt, der Grund Wie bei fast allen fol-
genden Mosaiken Goldgrund. Schon deutlicher zeigt sich 4
der byzantinische Styl in dem sehr ausgedehnten Mosaik des
Oratorio di San Venanzio, einer Nebenkapelle des
Baptisteriums beim Lateran, 640-642. In der Altarnische
steht zwischen acht Heiligen die Madonna mit segnend auf-
gehobenen Armen-g darüber heben sich die Brustbilder Christi
und zweier Engel aus bunten Wolken empor. An der Wand
zu beiden Seiten der Nische sieht man je vier Heilige, und
über der Nische zwischen drei Fenstern die Zeichen der
Evangelisten und die Städte Jerusalem und Bethlehem,
Christus und die beiden Engel sind hier zwar roh, aber noch
mit Würde und Freiheit gebildet und erinnern durch ihre
noch ziemlich Hiessenden Formen an das VI. Jahrhundert.
Dagegen sind die sechszehn regungslos neben einander stehen-
den Heiligen nebst der Madonna (Welche hier zum erstenmale
so ausdrücklich als ihr Mittelpunkt dargestellt wird) total by-
zantinisch. In den Gewändern wird auch hier die Falte und
ihr Schatten durch einen blossen Streif von willkürlicher
dunklerer Farbe angedeutet, und selbst in den Hauptmotiven
beginnen Missverständnisse, wie sie das vorhergehende Jahr-
hundert noch nicht gekannt hatte. Von ähnlichem Styl
und fast gleichzeitig (642-649) ist das Mosaik der kleinen
Altarnische von S. Stefano rotondo auf dem Cölius, wel-
ches ein kostbar verziertes Kreuz zwischen den stehenden
HH. Primus und Felicianus darstellt. Am obern Ende des