zu gewinnen, in welcher auch dem Neuen an gebührender
Stelle sein Recht eingeräumt werde. Mein Handbuch wurde
zu diesem Behuf entworfen. Es entstand aus den Blättern,
die zunächst zum eigenen Studium, sodann als Leitfaden für
öffentliche Vorlesungen niedergeschrieben waren; mehrere
Reisen, namentlich eine kürzlich beendete italienische Reise,
hatten willkommene Gelegenheit gegeben, den Schilderungen
grossen Theils die Frische eigener Anschauung zu verleihen.
Das Buch war, ich darf es jetzt wohl gestehen, nicht ohne
etwas verwegene Schnelligkeit abgeschlossen und dem Publi-
cum dargeboten worden. Die Nachsicht des letzteren, viel-
leicht auch das allgemeine Bedürfniss und vielleicht zugleich
jene Frische der Abfassung liessen dasselbe indess nicht für
die Verwegenheit des Verfassers büssen. Es fand schnellen
Beifall; in Frankreich übertrug man grosse Stücke desselben,
ohne die Quelle zu nennen, für dortige Mittheilungen; in
England erschien eine mit Anmerkungen bereicherte Üeber-
setzung, deren erster, die italienische Malerei umfassender
Theil mit dem Namen Eastlakds, als Herausgebers, ge-
ziert ward.
Inzwischen wurden die kunsthistorischen Forschungen
eifrig fortgesetzt; in Büchern und einzelnen Aufsätzen be-
reicherte sich das Material, namentlich für die dunkleren Zci-
ten der Geschichte der Malerei, auf die erfreulichste Weise.
Aber auch der allgemeine Standpunkt wurde ein anderer. Je
freier der wissenschaftliche Blick, je vielseitiger und unbe-
fangener das Ürtheil ward, um so weniger konnte man sich
verhehlen, dass die Auffassungsweise jener romantischen
Periode uns in zu enge Grenzen eingeschränkt hatte und
dass diese auch vor zehn Jahren noch nicht gänzlich ge-
brochen waren. Wir kamen immer mehr dazu, dem, was
damals als allein gültig gepriesen war, doch nur ein durch
besondere Umstände und Zeitverhältnisse bedingtes Recht,
Vielem, was man damals verworfen hatte, doch seine eigen-
thümliche, zum Theil sehr bedeutende Gültigkeit zuzuge-
stehen. Die übertriebene Wärme, mit der die eine Rich-
tung, die zuweilen selbst absichtslose Kühle, mit der die