Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

Die 
Uomposition. 
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und landschaftlicher Gegenstände überrascht, da dürfen wir _ 
das Verdienst laühnlich der vorhergegangenen, Epoche bei- 
legen. Eine Kunst, die keine bewegte Figur mehr selbst er- 
findet, sondern lieber aus zehnter Hand ein arg entstelltes 
antikes Motiv borgt, eine Zeichnung, welche S0 Sehr an die 
Leichenruhe der Gestalten gewöhnt ist, dass sie kein Profil 
mehr wagen will, Waren zur Lösung neuer Aufgaben schlecht 
gesehaifen, Wo diese verlangt wurden, wie z. B. bei den 
Martyrien, welche man nicht aus altern YVerken copiren 
konnte, da zeigt sich die Unfähigkeit der Gestaltung recht 
deutlich. Die Ceremonienbilder, aus lauter ruhigen Figuren 
bestehend, waren eine leichte Aufgabe; wenn z. B. acht 
Menschen, alle in derselben fast gleichmässig wiederholten 
Stellung vor einem Kaiser im Staube liegen, oder wenn bei 
der Darstellung einer Synode die Patriarchen mit dem Kaiser 
im Kreise sitzen, umstanden von zahlreichen Geistlichen, 
während ein widerlegter Ketzer murrend am Boden liegt, so 
ist. damit die Historienmalerei noch nicht gefördert. Und 
selbst innerhalb der neu aufgekommenen Gegenstände zeigt 
sich ein allmäliger Verfall, der sich in einer Gestalt, dem 
Gekreuzigten: symbolisch ausdrückt. Die ersten bekannten 
byzantinischen Darstellungen (IX. Jahrhundert) schildern ihn 
mit offenen Augen und aufgerichtetem Leibe, gleichsam als 
Sieger im Tode; die spätem aber lassen ihn mit geschlosse- 
nen Augen zusammenbrechen; als hielten die erschlafften 
Arme und Beine den Leib nicht mehr aufrecht, beugt sich 
dieser jetzt nach der rechten Seite auswärts. 
Üebrigens haben ältere wie neuere Scenen in dieser ver- 2- 
sunkenen Kunst die Eigenschaft, sich fortwährend zu wieder- 
holen. Bei näherer Betrachtung byzantinischer Arbeiten in 
Masse kömmt man auf das befremdliche Ergebniss, dass nicht 
bloss wie in der antiken und in der occidentalisch-mittel- 
alterlichen Kunst dieselben Typen in jedesmaliger freier Ge- 
Staltung neu hervorgebracht werden, sondern dass gradezu 
ein Maler den andern und zwar oft sklavisch copirt hat, 
und dass genau dieselben Gestalten, Stellungen, (iebefdcn 
und Mienen, ganz in derselben Zusammenstellung sich z. B. 
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