Volltext: Franz Kugler's Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Großen (Bd. 1)

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Buch I. 
Christl. Alterthum. 
Byzantinischer Sty]. 
es ganz in den damaligen Umständen, (lass die siegende 
Partei, um ihren Sieg kund zu geben, im Streben nach 
Wvirkung einen Schritt weiter ging als bisher, zumal da der 
feine Sinn der alten Zeit, Welcher sich gegen die Darstellung 
des Trüben und Gräuelhaften gesträubt, inzwischen auch er- 
storben War. Ein kirchlicher Beschluss, welcher dem Bilder- 
streit schon um Jahrzehende vorangegangen, zeigt, dass 
wenigstens bei der Passion Christi noch ein besonderer 
WVechsel der geistigen Richtung mit ins Spiel kam. Das 
Concil von Constantinopel im Jahre 692 (gewöhnlich Con- 
cilium quinisextum oder in trullo benannt) entschied nämlich, 
dass die unmittelbare menschliche Darstellung Christi der 
symbolischen, namentlich dem bisher üblichen Lamme, durch- 
aus vorzuziehen sei, Wonach die ganze Kunst. siclrzu achten 
habe. Es ist diese eine officielle Erklärung von dem völligen 
Absterben des allegorisch mythisirenden Sinnes, welcher der 
urchristlichen Malerei eigen gewesen War, von dem Ueber- 
tritt aus dem Symbolischen ins Historische, Welchen wir schon 
bei Anlass des Mosaiks von S. Paul bei Rom anzudeuten 
hatten. Eine nahe Bblge hievon musste z. B. das Aufkom- 
men der Kreuzigtingsbilder- sein, da jetzt das Erlösungswerk 
Christi kaum mehr anders darzustellen war; überdies spricht. 
der Concilsbeschluss ausdrücklich von "Dem, welcher der 
Welt Sünde trägt", womit wenigstens das Passionsbild, wenn 
nicht geradezu die Kreuzigung, anempfohlexl werden sollte, 
Bald darauf, im Jahre 730, erwähnte Papst. Gregor IL in 
einem seiner Briefe an Leo den Isaurier die verschiedenen 
Leidenssceneil (rcaäzfizarce) Christi schon als übliche und 
löbliche Gegenstände der kirchlichen Wandmalerei. Das 
Uebrige that in der Folge die schon erwähnte Sinnesweise, die 
sich im Bilderstreit entwickelte. 
g. 253. Um nun den byzantinischen Styl (in den von uns 
angenommenen Grenzen) zu würdigen, vergegenwärtigen wir 
uns nochmals die Ergebnisse des Bisherigen. Die alte Kunst, 
schon im dritten Jahrh. in tiefem Verfall, dann innerlich zer- 
sprengt und mit einem neuen Inhalt erfüllt durch eine neue 
Religion, hatte es im IV. bis VI. Jahrhundert noch einmal
	        
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